„Into the Woods“: Ein Rückblick

Yvonne Natalie Forster und Jan Nicolas Bastel im Gespräch

Am 22. Juni 2014 ging am Theater Oberhausen die letzte Vorstellung der diesjährigen Abschlussproduktion des Studiengangs Musical der Folkwang Universität der Künste über die Bühne. Zeit für eine kleine Rückschau.

Yvonne Forster und Jan Bastel studieren im vierten Jahrgang Musical und haben in „Into the Woods“ die Rolle der Frau des Bäckers bzw. Wolf/Aschenputtels Prinz gespielt, der sich auf einen Seitensprung mit der Frau des Bäckers einlässt. Sie standen beide bereits in verschiedenen Produktionen auf der Bühne, z. B. „Die Fledermaus“ im Aalto-Theater Essen (Premiere 10. Dezember 2011, Regie Gil Mehmert), „Spring Awakening (Frühlings Erwachen)“ am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen (Premiere 15. März 2013, Regie Wolfgang Türks), „Jesus Christ Superstar“ am Theater Bonn (Premiere 13. Oktober 2013, Regie Gil Mehmert), Yvonne Forster war auch in „Street Scene“ am Musiktheater im Revier (Premiere 22. September 2012, Regie Gil Mehmert) zu sehen, Jan Bastel in der Operette „Die Csárdásfürstin“ im Aalto-Theater Essen (Premiere: 20. März 2010, Regie Michael Sturminger).

Jan Bastel und Yvonne Forster

„Into the Woods“ scheint an der Folkwang Universität der Künste als Abschlussproduktion sehr beliebt zu sein, die in Kooperation mit dem Theater Oberhausen gezeigte Aufführung ist bereits die dritte Produktion seit der Gründung des Studiengangs Musical im Jahr 1989. Was ist für Euch das Besondere an diesem Stück?
Yvonne: Es ist toll, dass das Stück so viele Rollen hergibt. Es ist wichtig, dass sich alle Studierenden im Abschlussjahrgang in ihrem Abschlussstück auch zeigen können. „Into the Woods“ ist deshalb so beliebt dafür, schätze ich.
Jan: Ich finde die Idee der Märchenfiguren, die sich im Wald verlieren und wieder finden, sehr unterhaltsam und witzig. Ich finde auch die Musik einfach genial komponiert.

Wie habt Ihr Euch persönlich auf das Projekt vorbereitet?
Jan: Wir haben als Jahrgang gemeinsam die Broadway­inszenierung angeschaut, um einen ersten Eindruck zu bekommen. Ansonsten sind wir wohl eher in das Projekt ´reingesprungen. Wir hatten zuvor so viel zu tun mit Eigenarbeit (Meeting), „Jesus Christ Superstar“ und dem Studieren, dass es für mich keine explizite Vorbereitung gab.
Yvonne: Ich hab mir einige Monate im Voraus unaufhörlich die Lieder angehört. Sondheim ist wahnsinnig komplex und detailreich und das hat mir sehr geholfen. Eine wirkliche Vorbereitung auf die Rolle gab es vor Probenbeginn nicht. Wie Jan schon sagte, war mein Kopf voll mit anderen Projekten.

Wie habt Ihr die Zusammenarbeit mit Peter Carp als Regisseur und den Leuten aus dem Ensemble des Theaters Oberhausen in der Probenphase erlebt?
Jan: Die Zusammenarbeit empfand ich als sehr angenehm. Peter Carp hat uns sehr viel Freiheit gegeben und war offen für viel Neues. Es war ein gemeinsames Erarbeiten des Stückes, denn Peter Carp hat zum ersten Mal ein Musical inszeniert. Mit dem Ensemble des Theaters hat es sehr viel Spaß gemacht zu proben.
Yvonne: Ich hatte das Gefühl, dass ich viel Raum hatte um Sachen auszuprobieren. Dabei hat mir manchmal eine klare Ansage gefehlt, nichtsdestotrotz bin ich sehr dankbar, dass wir nicht von vorne bis hinten durchinszeniert wurden. Die Proben waren eigentlich sehr angenehm, jedoch wurde für meinen Geschmack nicht ausreichend oft geprobt, wenn man bedenkt, wie komplex „Into the Woods“ ist.

Musicals von Stephen Sondheim können regelmäßig dem anspruchsvollen unterhaltenden Musiktheater zugerechnet werden. Das macht sie beim Publikum nicht zwangsläufig beliebter. Die Reaktionen des Premierenpublikums, was das Stück und nicht die individuelle Leistung der Darsteller auf der Bühne anbelangt, kamen mir eher wohlwollend, aber keinesfalls euphorisch vor. Wie habt Ihr das empfunden, wie hat es sich im Laufe der Spielzeit entwickelt?
Jan: Ich glaube, die Premiere war die schlechteste Vorstellung, die wir bisher hatten. Die Erwartungen sind zu hoch und die Darsteller zu unentspannt. Für mein Gefühl haben wir uns immer mehr eingespielt und wurden dadurch immer sicherer. Die Musik ist keine einfache Kost und nicht jedermanns Sache. Wir hatten Vorstellungen, in denen das Publikum richtig mitgegangen ist. Bei anderen Vorstellungen war das wiederum nicht der Fall. Ich glaube, das ist einerseits von der Tagesform des Ensembles abhängig und andererseits auch dem Geschmack des Publikums zuzuschreiben.
Yvonne: Ich sehe es genau wie Jan; wir haben uns mit der Zeit eingespielt und sind lockerer und sicher(er) geworden. Und wir haben mit der Zeit, aufgrund der Reaktionen des Publikums, auch gemerkt was funktioniert und was nicht.

Jan Bastel und Yvonne Forster

Im Vergleich zu „Spring Awakening (Frühlings Erwachen)“ mit insgesamt 25 Vorstellungen an 18 verschiedenen Orten im deutschsprachigen Raum war „Into the Woods“ mit 10 Vorstellung im Repertoire des Theaters Oberhausen womöglich etwas weniger anstrengend. Wie ist Euer Eindruck? Welche Produktion war für Euch interessanter, intensiver, womöglich auch nachhaltiger, was die Erfahrungen anbelangt?
Jan: Ich finde die beiden Produktionen kann man nicht miteinander vergleichen. „Into the Woods“ ist, gesanglich gesehen, ein sehr klassisches Stück und „Spring Awakening“ basiert eher auf einer Popstilistik. Mir haben beide Stücke gefallen, allerdings hatte ich auch bei beiden meine Tiefs. „Spring Awakening“ war eine tolle Erfahrung, vor allem die Tour! „Into the Woods“ spiele ich jedoch lieber, da ich mich mehr austoben kann.
Yvonne: Natürlich hat jeder einen anderen Geschmack bezüglich Musicalstücken und mir persönlich gefällt „Into the Woods“ einfach besser. Was nicht heißt, dass mir „Spring Awakening“ nicht auch gefallen hat. In Hinsicht auf die Rolle bin ich in meinem Abschlussstück natürlich mehr auf der Bühne und trage eine größere Verantwortung. Das macht „Into the Woods“ für mich anstrengender als „Spring Awakening“ aber auch befriedigender. Außerdem studieren wir jetzt und spielen das Stück nebenbei. Das war letztes Jahr nicht der Fall.

Eine persönliche Frage: Wie kam es zum Berufswunsch Musicaldarsteller? Gibt es jemanden, der/die Euch nachhaltig beeindruckt/beeinflusst hat? Eine Art Vorbild?
Yvonne: Ich habe mit 15 Jahren bei „Jugend musiziert“ in der Kategorie „Musical“ mitgemacht. Seit ich 11 war hatte ich Gesangsunterricht und habe auch Hip-Hop getanzt. Ich komme aus einem kleinen Dorf bei Freiburg und habe das alles immer nur aus Spaß gemacht. Dann habe ich gedacht: Komm, ich probiere es mit der Aufnahmeprüfung für ein Musicalstudium. Ich habe mich ein halbes Jahr intensiv vorbereitet, und es hat auf Anhieb geklappt. Ein Vorbild habe ich nicht wirklich. Ich habe aber einige Musicals wie „The Last Five Years“ und „West Side Story“ gesehen und das war schon sehr beeindruckend.
Jan: Nachdem ich „Lord of the Dance“ gesehen habe, musste mich meine Mutter bei der örtlichen Ballettschule in Möckmühl, der „Metropole“, anmelden. Damals war ich neun. Irgendwann habe ich dann auch noch Gesangs- und Schauspielunterricht genommen und mit 15 bin ich auf die Akademie des Tanzes nach Mannheim. Irgendwann hab ich gemerkt, dass mir der Gesang und das Spiel gefehlt haben und nur Tanz mich nicht erfüllt hätte. Ich habe mein Abitur am Gymnasium Essen-Werden (Anmerkung: die einzige Schule in Deutschland, die Tanz als Abiturfach anbietet) nachgeholt und dann die Aufnahmeprüfung, wie Yvonne, an der Folkwang bestanden. Wenn ich recht überlege, habe ich kein Vorbild. Auch wenn Michael Flatley mich zum Tanzen gebracht hat, würde ich nicht behaupten, dass ich ein Steppbär bin!

In einigen Monaten stehen für Euch bereits die Abschlussprüfungen an. Wo wird man Euch als nächstes auf der Bühne erleben können? Kommt für Euch die „Jesus Christ Superstar“-Produktion in Dortmund (Premiere 19. Oktober 2014, Regie Gil Mehmert) noch in Betracht, in der Ihr in Bonn ja bereits gespielt habt, oder stehen dafür die jüngeren Studierenden schon in den Startlöchern?
Yvonne: Ich bin wieder bei „Jesus Christ Superstar“ dabei. Und außerdem spiele ich in dem Theater „theater die baustelle“ ein Musical namens „All you need is cheese“. Bettina Montazem, die Regisseurin und Leiterin, hat es selbst geschrieben und es ist wirklich eine liebevolle Arbeit mit tollen Menschen.
Jan: Ich mache „Jesus Christ Superstar“ auch wieder und spiele im Juli auf der Freilichtbühne Alzenau, nahe Frankfurt, „Hairspray“ (Anmerkung: 18. bis 27. Juli 2014, mit Anouschka Renzi als Velma von Tussle). Es ist ein kleines Dorf, das zum ersten Mal ein Musical auf die Beine stellt. Ich weiß noch nicht ganz, was auf mich zukommt, aber es wird bestimmt witzig und eine Erfahrung mehr. Was die Zukunft bringt, weiß ich noch nicht, ich möchte mir aber keinen Stress machen.

Gibt es eine Traumrolle, die Ihr gerne einmal spielen möchtet, vielleicht nicht sofort, sondern in einigen Jahren, mit entsprechender Bühnenerfahrung?
Yvonne: Ich bin tatsächlich ein bisschen abergläubisch und will es darum nicht verraten.
Jan: Es gibt vieles, was mich reizt. Eine Traumrolle gibt es nicht unbedingt, ich bin aber sehr offen und gespannt, was die Zukunft bringt.

Übrigens, am kommenden Freitag, 27. Juni 2014, sind die beiden zusammen mit den übrigen Studierenden des Studiengangs Musical nochmals beim Rock-Pop-Soul-Abend „Somewhere over the Rainbow“ am Theater Oberhausen zu erleben.

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