Die Kulturlandschaft Deilbachtal

Ruhr Museum eröffnet Ausstellung im ehemaligen Kutschenhaus des Kupferhammers

Kupferhammer

Das Deilbachtal im Essener Süden ist eine der interessantesten Kulturlandschaften des Ruhrgebiets. Es verfügt über eine fünfhundertjährige durchgängige Geschichte zunächst als landwirtschaftlich, dann aber auch sehr bald als industriell genutzter Naturraum. Als frühindustrielle Denkmallandschaft beschreibt es die Ursprünge der Eisen- und Metallindustrie im Ruhrgebiet und das Äquivalent zum Muttental in Witten, der Wiege des Ruhrbergbaus. Es ist aber auch das Äquivalent zur Zeche Zollverein, indem es zusammen die gesamte Spanne der Industrialisierung von den Anfängen bis zur Hochindustrialisierung auf Essener Boden beschreibt.

Kupferhammer

Das Deilbachtal ist aber auch eine der ältesten Museums- und Denkmallandschaften Deutschlands. Schon 1917 wurde der Betrieb des Deiler Eisenhammers aus Rentabilitätsgründen eingestellt, in der Folge aber nicht abgerissen, sondern in den Jahren 1936/37 in einer gemeinsamen Aktion verschiedener Beteiligter, darunter auch das damalige Ruhrlandmuseum, las „technisches Kulturdenkmal“ betriebsfertig wiederhergestellt und im Schaubetrieb der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zusammen mit dem Halbachhammer im Nachtigallental, der ein Jahr zuvor, 1936, nach Essen umgesetzt wurde, gehört der Eisenhammer zu den ersten Beispielen der Industriekultur in Europa.

„Die Naturgeschichte des Deilbachtals“, Blick in die Ausstellung

Schon in den 1980er Jahren wurden die Denkmäler des Deilbachtals vom damaligen Ruhrlandmuseum der Stadt Essen durch einen Rundwanderweg erschlossen und in einer ersten Ausstellung im Deilbachtal im Kutschenhaus dokumentiert. Seither werden im Deilbachtal regelmäßig Führungen und museumspädagogische Aktionen angeboten, auch in Verbindung mit anderen Außenstellen wie dem Geologischen Wanderweg am Baldeneysee oder dem Mineralien-Museum Kupferdreh, die das Ruhr Museum im Essener Süden betreibt.

„Die Kulturgeschichte des Deilbachtals“, Blick in die Ausstellung

Um diese Vermittlungsarbeit neu zu beleben, das Deilbachtal noch stärker im öffentlichen Bewusstsein zu verankern und damit seine Pflege und Erhaltung zu befördern, eröffne das Ruhr Museum am Sonntag, 16. Juni 2013 um 11 Uhr eine Dauerausstellung zur Natur- und Kulturgeschichte des Deilbachtals und legt zugleich einen Wanderführer vor, der auch als elektronische Version, als Audioguide auf dem Handy, zu haben sein wird.

Fehlguss einer Blasdüse für ein historisches „Frischfeuer“, 2012, Kupfer

Das Deilbachtal umfasst ein Ensemble historisch-geologischer Denkmäler, die an Ort und Stelle erhalten sind und sich in ihrer originalen Konstellation befinden. Damit besteht dieses Ensemble nicht aus einer losen Ansammlung denkmalgeschützter Objekte, sondern ist als Landschaftsraum zu verstehen, im dem Natur- und Kulturgeschichte in ihrer Wechselwirkung zu erfahren sind.

Rahmengenähter Kinderschuh mit genagelter Ledersohle und -absatz, Fundort Arbeiterwohnhaus des Eisenhammers

Diesem Charakter wird die neue Ausstellung des Ruhr Museums gerecht. Sie zeigt auf der einen Seite die natürlichen Bedingungen und Voraussetzungen des Deilbachtals. Zunächst der Deilbach, der die Böden für die Landwirtschaft bewässerte und dessen Wasserkraft den Antrieb von Mühle und Hammer ermöglichte. Die ausgedehnten Wälder, die das Holz für die Holzkohle lieferten, mit deren Hilfe die Metallverarbeitung begann, und die im Deilbachtal bis an die Erdoberfläche drängende Steinkohle, die später die Holzkohle ablöste. Die im Deilbachtal vorhandenen Erze, die überhaupt die Voraussetzung für die Metallverarbeitung boten und die Sand- und Tonsteine, die als Natur- und Ziegelsteine die Baustoffe für die Industrialisierung darstellten.
Auf der anderen Seite zeigt die Ausstellung die wichtigen historischen Ensembles und Denkmäler des Deilbachtals, den Kupfer- und Eisenhammer, den Deilmannschen Bauernhof und die Deiler Mühle, die Deilbacher Eisenbahn und die Hundebrücke, die Zeche Viktoria, die Ringofenziegelei und das Kupferdreher Kraftwerk.
Gezeigt werden originale Objekte, Modelle, Fotos, vor allem auch historische Pläne, Grundrisse und Urkunden aus dem Museum sowie von zahlreichen Leihgebern.

Exzenterstange zum Antrieb des Zwillingsblasebalges im Dachstuhl, Holz, Eisen, Zahnrad zum Antrieb des Schleifsteines, Gusseisen

Dabei folgt die Ausstellung keiner thematischen oder chronologischen Gliederung, sondern dem Rundwanderweg, der Deilbachtal hier vom Kupferhammer aus erschließt und zu dem zeitgleich und ergänzend zur Ausstellung ein Wanderführer durch die Kulturlandschaft Deilbachtal im Klartext-Verlag erscheint.

Modell der Prinz-Wilhelm-Eisenbahn, 1993, Holz, Eisen und Kupferblech

Fuktionsmodell der Deiler Mühle, 2012/2013, Holz, Plexiglas, Metall

Der Wanderführer beschreibt nicht nur die einzelnen Stationen ausführlich – viel ausführlicher als es die Ausstellung kann – und dies nicht nur im Text, sondern auch mit historischen und aktuellen Fotos. Darüber hinaus erschließt er die insgesamt 12 Stationen mit Kartenmaterial, das das Katasteramt der Stadt Essen und der Regionalverband Ruhr zur Verfügung gestellt haben. Es ist auf der einen Seite eine wunderbare Ergänzung zur Ausstellung, gleichsam wie ein Katalog, und zugleich eine ganz eigenständige Publikation, mit der nun jeder allein und unabhängig von geführten Gruppen durch die Kulturlandschaft wandern kann. Diesen Wanderführer gibt es übrigens nicht nur in gedruckter Form, sondern zum ersten Mal auch als Audioguide im Rahmen einer so genannten App auf dem Smartphone, so dass man auch mit dem Handy durchs Deilbachtal navigieren kann. Der Audioguide kann ab 1. Juli 2013 kostenlos über die von museum.de entwickelte App heruntergeladen werden.

Deiler Eisenhammer

Nun wird sich der ein oder andere Leser sicherlich fragen, wann die Ausstellung denn geöffnet ist und besucht werden kann. Die Antwort lautet: Während der öffentlichen Führungen. Von April bis Oktober findet an jedem 2. Sonntag im Monat um 14 Uhr die einstündige Führung „Die Kulturlandschaft Deilbachtal“ durch die Ausstellung im Kutschenhaus statt, und an jedem 4. Sonntag im Monat um 14 Uhr die dreistündige Führung „Die Kultur- und Naturlandschaft Deilbachtal“ durch die Ausstellung im Kutschenhaus und Wanderung durch das Deibachtal. Treffpunkt ist in beiden Fällen der Kupferhammer, die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen limitiert. Anmeldungen nimmt der Besucherdienst des Ruhr Museums entgegen.

Deiler Eisenhammer

Deiler Eisenhammer, so genanntes Meisterhaus

Deiler Eisenhammer, historische Arbeiterhäuser

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