Vorschau: „Jesus Christ Superstar“ am Musiktheater im Revier

„Jesus Christ Superstar“ – nach dem Neuen Testament; Musik: Andrew Lloyd Webber; Liedtexte: Tim Rice; Buch: Tom O´Horgan; Regie: Michael Schulz; Choreografie: Paul Kribbe; Bühne: Kathrin-Susann Brose; Kostüme: Kathrin-Susann Brose nach Klaus Bruns; Dramaturgie: Anna Grundmeier; Musikalische Leitung: Heribert Feckler. Darsteller: Serkan Kaya/Sasha di Capri (31. Dezember 2017) (Judas Iskariot), Henrik Wager/Nikolaj Alexander Brucker (31. Dezember 2017 und 7. Januar 2018) (Jesus von Nazareth), Theresa Weber (Maria Magdalena), Joachim Gabriel Maaß (Kaiphas), Adrian Kroneberger/Ingo Schiller (Annas), Sebastian Schiller (Simon Zelot), Edward Lee (Pontius Pilatus), Tobias Glagau (Petrus), Rüdiger Frank (Herodes), Georg Hansen, Zhive Kremshovsk (Priester). Tanzensemble: Faye Heather Anderson (Dance Captain), Ilenia Azzato, Lisandra Bardél, Sophie Blümel, Milena Sophia Hagedorn, Julia Heiser, Stefanie Smailes (Soul Girls). Uraufführung: 12. Oktober 1971, Mark Hellinger Theatre, New York. Deutsche Erstaufführung: 18. Februar 1972, Halle Münsterland, Münster. Premiere: 23. Dezember 2017, Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen.



„Jesus Christ Superstar“


Die Passionsgeschichte als Rock-Oper am Musiktheater im Revier


Noch bevor „Jesus Christ Superstar“ als Rock-Oper auf die Bühne kam, produzierten Andrew Lloyd Webber und Tim Rice ein Musikalbum, das im Oktober 1970 als Doppel LP erschien und die Nummer 1 in den Billboard Charts erreichte. Darauf interpretierten Murray Head und Ian Gillan die Rollen des Judas Iskariot bzw. Jesus von Nazareth. Tom O´Horgan inszenierte 1971 die erfolgreiche Bühnenproduktion am Broadway, für die Andrew Lloyd Webber seinen ersten Drama Desk Award als „Most Promising Composer“ erhielt. Am 9. August 1972 hatte das Stück am London Palace Theatre im West End Premiere, und wurde dort bis 23. August 1980 in 3.357 Aufführungen gezeigt, zum damaligen Zeitpunkt ein Rekord in der Geschichte des West Ends, der erst am 12. Mai 1989 mit der 3.358. Vorstellung von „Cats“ am New London Theatre eingestellt wurde.

Szenenfoto aus den Proben zu „Jesus Christ Superstar“ am Musiktheater im Revier, Henrik Wager (Jesus, Mitte), Ensemble. © Pedro Malinowski

„Jesus Christ Superstar“ zeichnet die letzten sieben Tage im Leben von Jesus von Nazareth aus der Perspektive von Judas Iskariot nach und gipfelt in seiner Kreuzigung. Daher dürfte die Handlung wohl jedem Theaterbesucher – zumindest in Ansätzen – bekannt sein. Man darf jedoch keinesfalls eine wahrheitsgemäße Wiedergabe der Passionsgeschichte erwarten. Bereits bei der Veröffentlichung als Konzeptalbum im Jahr 1970 sorgte die Rock-Oper „Jesus Christ Superstar“ wegen ihrer Thematik für Aufsehen. Im Mittelpunkt steht die konflikt- und spannungsreiche Beziehung zwischen Jesus und seinem ursprünglich treuen Freund und Jünger Judas, der zum Verräter werden muss.

Generalintendant Michael Schulz hat „Jesus Christ Superstar“ bereits 2006 – zu der Zeit war er noch Operndirektor des Deutschen Nationaltheaters Weimar – unter der Intendanz von Stefan Soltesz am Aalto-Theater Essen (Premiere 9. September 2006) mit Serkan Kaya (Judas Iskariot) und Henrik Wager (Jesus von Nazareth) in Szene gesetzt, und als im Frühjahr diesen Jahres „Big Fish“ am Musiktheater im Revier im wahrsten Sinne des Wortes „durch’s Netz gegangen“ ist, hat man sich entschieden, stattdessen eben „Jesus Christ Superstar“ wiederum mit Serkan Kaya (Judas Iskariot) und Henrik Wager (Jesus von Nazareth) auf den Spielplan zu setzen. Außer den beiden und Rüdiger Frank (Herodes) ist die Produktion allerdings mit anderen Darsteller*innen besetzt: Die Rolle der Maria Magdalena hat Theresa Weber übernommen, die beim 44. Bundeswettbewerb Gesang Berlin 2015 den Preis des Deutschen Bühnenvereins für die beste Darstellung einer Musicalszene (Monolog aus „Lieber schön“ von Neil LaBute und der Song „Ganz kurz/In Short“ aus „Edges“ von Justin Paul [Musik] und Benj Pasek [Text]) gewonnen hat, in „Big Fish“ (Premiere 10. November 2016, Regie Andreas Gergen) die Rolle der Sandra Bloom gespielt hat, eben jener Koproduktion mit dem Prinzregententheater München, die ursprünglich am 22. Dezember 2017 am Musiktheater im Revier Premiere feiern sollte, und 2017 ihr Studium an der Bayerischen Theaterakademie August Everding mit dem Master of Arts abgeschlossen hat. Serkan Kaya und Henrik Wager haben am Aalto-Theater nicht nur in „Jesus Christ Superstar“ (Premiere 9. September 2006, Derniere 14. Mai 2010) drei Spielzeiten gemeinsam auf der Bühne gestanden, sondern auch zwei Spielzeiten als Anatoly Sergievsky und Frederick Trumper in „Chess“ (Premiere 13. September 2008, Derniere 10. Dezember 2009, Regie James de Groot, Paul Kribbe). Henrik Wager ist dem Gelsenkirchener Publikum bereits aus Richard O´Brien´s „The Rocky Horror Show“ als Frank´n´Furter und aus „Kennst du den Mythos…?“ bekannt, Serkan Kaya gibt mit „Jesus Christ Superstar“ sein Schauspiel-Debüt am Musiktheater im Revier, wo er bisher lediglich in der „MiR goes …“-Konzertreihe auf der Bühne stand.

Henrik Wager, Theresa Weber und Serkan Kaya

Serkan Kaya erlebte nach seinem Musical- und Schauspielstudium an der Folkwang Hochschule – heute Folkwang Universität der Künste – seinen Durchbruch als Luigi Lucheni in „Elisabeth“ am Theater an der Wien (Regie Harry Kupfer) und spielte in der Folgezeit die Hauptrolle des Galileo Figaro in „We Will Rock You“ in Köln, Zürich und Wien, sowie zuletzt die Hauptrolle des Udo in „Hinterm Horizont“ im Theater am Potsadamer Platz, um lediglich die bekannten Großproduktionen zu nennen. Serkan Kaya gehört ab der Spielzeit 2017/18 zum festen Ensemble am Schauspielhaus Düsseldorf. Die Rolle des Judas Iskariot in „Jesus Christ Superstar“ begleitet ihn seit den konzertanten Aufführungen der Vereinigten Bühnen Wien zu Ostern 2005 bis heute. Bei Lebkuchen und Dominosteinen unterm Weihnachtsbaum erzählte der symphatische Künstler wenige Tage vor der Premiere, dass er die erneute Übername der Rolle im Frühjahr diesen Jahres sofort zugesagt habe, als feststand, dass Michael Schulz „Jesus Christ Superstar“ in Gelsenkirchen nochmals in Szene setzen möchte, da er die Zusammenarbeit als ausgesprochen angenehm empfunden habe. Was die wenigsten wissen werden, dass Serkan Kaya im Laufe seiner Karriere auf der Bühne bereits zwei Unfälle erlebt hat. Nach seinem Kreuzbandriss, den er sich beim Musicalsommer Amstetten 2004 als Ren MacCormack im Tanzmusical „Footloose“ zugezogen hat, hat ihn der ehemalige österreichische Stabhochspringer Hermann Fehringer aus Amstetten sowohl physisch als auch mental unterstützt, so dass er die Produktion ohne sofortige Operation weiterspielen konnte. Bei seinem schweren Unfall bei den Proben zu „Hinterm Horizont“ im Operettenhaus Hamburg im Herbst 2016 war an Weiterspielen überhaupt nicht zu denken, und auch wenn er in Hamburg wie bereits in Berlin die Premiere spielen sollte, so wurde er doch auf die Schnelle ohne großes Aufhebens durch Alex Melcher ersetzt, the Show must go on… Im Anschluss wurde er diesmal von niemandem unterstützt und fühlte sich dementsprechend alleingelassen, was verständlicherweise für jeden von uns ein recht einschneidendes Erlebnis wäre, worüber man nicht so einfach zur Tagesordnung übergeht. Es zeigt m. E. auch überdeutlich, welch hohes Gut Gesundheit darstellt, und wie wichtig es ist, in schweren Zeiten nicht allein gelassen zu werden.

„Jesus Christ Superstar“ steht am Musiktheater im Revier vom 23. Dezember 2017 bis 6. Mai 2018 – bisher – mit insgesamt 15 Vorstellungen auf dem Spielplan. Die Premiere ist bereits ausverkauft, für Folgevorstellungen sollen noch Tickets erhältlich sein. Am Aalto-Theater in Essen wurde die Produktion zweimal wiederaufgenommen, um nach der Derniere das Genre vollständig vom Spielplan zu streichen. Am Musiktheater im Revier wurde dagegen für die Spielzeit 2018/2019 im Frühjahr 2019 „Big Fish“ versprochen, und versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen…

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