„Schikaneder“: Franziska Schuster und Florian Peters im Gespräch

von Gregor-Anatol Bockstefl

Am 16. September 2016 stellten Intendant sowie Buchautor Christian Struppeck und seine Dramaturgin Elisabeth Gruber im Rahmen der Foto- und Medienprobe drei Szenen aus dem ersten Akt des Musicals „Schikaneder – Die turbulente Liebes­ge­schichte hinter der Zauberflöte“ vor. Im Anschluss sprachen wir mit Franziska Schuster (Barbara Gerl) und Florian Peters (Johann Friedel).

Franziska Schuster („Ich Tarzan, Du Jane!“) absolvierte ihre Ausbildung an der Joop van den Ende Academy in Hamburg. In Wien konnte man sie u. a. als Mary Robert in „Sister Act“ sehen, am Raimund Theater stand sie bei „Mamma Mia! u. a. als Sophie, im Ensemble von „Jesus Christ Superstar sowie zuletzt als Constanze Mozart in der Neufassung von „Mozart! – Das Musical“ auf der Bühne. Bei den Gandersheimer Domfestspielen war sie 2013 als Sally Bowles in „Cabaret“ und 2014 in der Titelrolle von „Evita“ zu erleben. Für ihre Interpretation der Eva Perón wurde sie vom Publikum mit dem Roswitha-Ring für eine hervorragende künstlerische Leistung ausgezeichnet. Zuletzt spielte sie bei den 58. Gandersheimer Domfestspielen die Rolle der Constance in „Die drei Musketiere“ von Rob und Ferdi Bolland sowie die Touristin Steffi in der Uraufführung von „Highway to Hellas“ von Heiko Lippmann, Christian Doll, Arnd Schimkat und Moses Wolff.

Im Rahmen der Castpräsentation von „Schikaneder“ hat man einiges über die Hauptrollen erfahren dürfen, also über Emanuel und Eleonore Schikaneder, Johann Friedel und Maria Anna Miller, über Eleonores beste Freundin Barbara Gerl hingegen noch nichts. Kannst du uns etwas über die Rolle erzählen?

Franziska Schuster: Bei einer Uraufführung ist es so, dass man immer auf der Suche bleibt, weil es einfach vor dir noch keiner gemacht hat. Das ist bei dieser Rolle genauso. Die Rolle der Barbara Gerl ist eine so genannte „featured Ensemble“-Rolle. Ich bin immer mit dem Ensemble dabei, aber immer als Barbara. Ich habe eine ganz spannende Funktion in dem Stück: und zwar zwischen den beiden, die nicht mit, aber auch nicht ohne einander können, um die ja die ganze Liebesgeschichte handelt, zu vermitteln, immer mal wieder unangenehme Nachrichten zu überbringen, mal Streit zu schlichten, mal Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Ich bin eigentlich mehr auf Eleonores Seite, wir sind beste Freundinnen. Barbara Gerl war übrigens die erste Papagena in der „Zauberflöte“. Im Stück erzählen wir, wie die Idee zur „Zauberflöte“ entstanden ist, was ganz spannend für die Zuschauer sein wird. Barbara Gerl war immer ein fester Bestandteil der Schauspieltruppe um Emanuel Schikander und später auch um Eleonore, da sie sich ja zeitweilig getrennt hatten. Und diese Truppe war ja letztlich auch das Ensemble der „Zauberflöte“. Die Darsteller konnten ja damals alle singen und spielen, sie waren unfassbar gute Schauspieler und kreative Menschen.

Als Constanze in „Mozart!“ warst du eine historische Figur und vom Ansatz der Inszenierung gleichzeitig eine moderne Frau, die ihrer Zeit voraus ist, frech und punkig, als Sophie in „Mamma Mia!“ spieltest du ebenfalls einen zeitgenössischer Charakter. Wie ist es nun, in eine historische Persönlichkeit zu schlüpfen?

Franziska Schuster: Das ist natürlich ein Unterschied von der Ausstattung her, wenn man in Kleidern mit Korsagen und in aufwendig gesteckten Perücken steckt. Dann verändert das natürlich etwas in dir. Man versetzt sich dann automatisch in eine andere Haltung. Dennoch sind unser Buch und die Dialoge sehr heutig, wir haben keine „shakespearehafte“, verschnörkelte Sprache. Die Sprache ist modern und sehr gut zu folgen. Insofern macht es dann gar nicht so großen Unterschied, da es sich bei den handelnden Personen um ebenso fühlende und lebende Individuen wie Menschen von heute handelt, eben mit dem Unterschied, dass alles etwas anders aussieht und dass wir somit das Gefühl haben, uns im 18. Jahrhundert zu befinden.

Du wirst ja auch die Rolle der Eleonore covern. Hattest du schon Proben?

Franziska Schuster: Nein. Es gibt ja jeweils zwei Cover für eine Rolle und da ist vor mir noch eine Kollegin (Marle Martens, Anm. der Red.), die dann auch relativ zügig übernehmen wird. Ich werde dann im Oktober/November mit meinen Proben beginnen. Für mich wird das auch eine sehr spannende Herausforderung, weil die Rolle der Eleonore musikalisch etwas ganz anderes ist. Ich möchte jetzt nicht zu viel verraten, aber es ist klassischer als man denkt. Es ist eine komplett andere Stilrichtung. Wir alle, und da spreche ich sicher auch für die Kollegen im Orchester, die in den letzten Jahren auch sehr moderne Stücke gespielt haben, müssen uns jetzt auf den Stil einlassen, aber das tun wir sehr gerne, weil es eine spannende Mischung aus Klassik und Musical ist. Es ist anders, aber im positivsten Sinne.

Seid ihr aufgeregt? Überwiegt die Anspannung oder die Vorfreude?

Franziska Schuster: Im Moment ist es eine Achterbahn der Gefühle. Die Tage sind derzeit sehr lang, wir sind kurz vor der Generalprobe am Samstag. Es werden kurzfristig Dinge geändert, um es so optimal wie möglich zu machen. Das nächste große Highlight der Probenphase ist vor Publikum zu spielen, damit man mal sieht, wie es reagiert. Das ist der aufregendste Moment für mich.

Wird bei den Previews noch einiges geändert werden?

Franziska Schuster: Möglicherweise, aber dafür wurde uns ja eine relativ großzügige Phase von zwei Wochen eingeräumt, dass man da nochmal schauen kann, was funktioniert anders besser, oder wo ist weniger vielleicht mehr. Das wird noch eine ganz entscheidende Phase werden. Was ich noch hinzufügen möchte: Ich bin von der Arbeit des Kreativteams wahnsinnig beeindruckt, besser gesagt ich bin tief beeindruckt. Ich habe es noch selten erlebt, dass Namen, die ja wirklich schon so viel gemacht haben, so viel Erfahrungen haben und auch so große Erfolge gefeiert haben, mit so viel Ruhe, Gelassenheit und – ja – Wärme bei der Arbeit sind. Es gibt natürlich immer wieder Diskussionen und man setzt sich auch damit auseinander, aber es ist eine so unglaublich produktive Arbeitsatmosphäre, die ich bisher selten so erlebt habe. Das ist wirklich ganz, ganz beeindruckend. Man kann dabei unheimlich viel lernen.

Franziska Schuster, Armin Kahl, Katie Hall, Florian Peters und Katja Reichert (v. l. n. r.)

Florian Peters schloss seine Musical-Ausbildung an der Bayerischen Theaterakademie August Everding 2011 mit dem Diplom ab. Am Staatstheater am Gärtnerplatz in München verkörperte er 2014 Petrus in „Jesus Christ Superstar“ und 2015 Chévalier de Danceny in der Uraufführung des Musicals „Gefährliche Liebschaften“ von Marc Schubring (Musik) und Wolfgang Adenberg (Buch und Liedtexte). 2015 wurde er mit dem Lys Symonette Award für Outstanding Performance of an Individual Number im Lotte Lenya Wettbewerb ausgezeichnet, zuletzt war er in „Mozart!“ am Raimund Theater zu sehen.

Wir haben uns schon bei der Castpräsentation im Mai über „Schikaneder“ und deine Rolle als Johann Friedel unterhalten. Was kannst du uns über die Probenarbeit erzählen? Was hat sich in der Zwischenzeit entwickelt?

Florian Peters: Ja, das Stück hat sich nochmal sehr verändert. Größenteils ist es natürlich gleich geblieben, aber es wird immer noch angepasst. Es ist natürlich unglaublich spannend mit einem Regisseur wie Trevor Nunn zu arbeiten. Es ist für mich zum ersten Mal eine Arbeit auf Englisch. Man muss sich mit einem englischen Regisseur über die Rolle unterhalten, das ist auch eine Herausforderung für mich. Es war total spannend und sehr bereichernd.

Du hast dich auch in der Vorbereitung mit der historischen Figur beschäftigt. Konntest du auch deine eigenen Ideen einbringen, oder gibt es fixe Rollenvorstellungen bzw. Rollenprofile oder ist die Entwicklung der Rolle ein gemeinsamer Prozess?

Florian Peters: Das ist natürlich ein gemeinsamer Prozess. Aber zunächst einmal hat die historische Person Friedel wenig mit dem Johann Friedel auf der Bühne zu tun. Aber natürlich bietet man schon beim Vorsprechen etwas an und der Regisseur guckt dann, ist das kongruent, was der Regisseur in der Rolle sieht und was ich in der Rolle sehe. Natürlich kann ich mich da selbst einbringen, kann viele Sachen anbieten, und er entscheidet dann, ob das gut ist oder nicht und ob ihm das gefällt oder nicht.

Als Wolfgang in „Mozart!“ warst du ein moderner Mensch im historischen Kontext. Bei Johann Friedel in „Schikaneder“ handelt es sich jetzt auch schon rein äußerlich um eine historische Rolle, ähnlich wie in „Gefährliche Liebschaften“. Macht das einen Unterschied in der Rolleninterpretation?

Florian Peters: Ja, die Kostüme, die man anhat, geben schon immer ein Korsett vor. Hier sind sie sehr schwer und geben auch eine entsprechende Haltung vor. Die ersten Kostümproben sind immer sehr spannend. Auch die leicht hochhackigen Schuhe geben eine andere Haltung und ein anderes Körpergefühl und bewirken ein anderes Verhalten auf der Bühne. Als Mozart war es ganz enorm, weil es um einen Menschen geht, der immer aneckt, der immer aus der Rolle herausfällt. Da war es eigentlich so, dass man sich in der Rolle fast alles erlauben durfte. Als Johann Friedel habe ich hier ein engeres Korsett, dafür eine wesentlich fein gezeichnetere Rolle.

Den Szenen aus der Foto- und Medienprobe nach zu schließen ist „Schikaneder“ mitunter sehr opernhaft. Muss man da auch die Stimme anders einsetzen? Mir ist das beispielsweise beim gezeigten Finale des 1. Aktes aufgefallen.

Florian Peters: Ja klar. Aber das variiert auch von Nummer zu Nummer in dem Stück. Es gibt sehr große Musical-Nummern, das Finale ist dagegen ein typisches Mozart-Finale, erst sind zwei Personen auf der Bühne, dann kommt eine dritte und dann eine vierte und dann der ganze Chor. Das ist ganz typisch gemacht, was auch gewollt ist. David Cullen (Orchestrierung, Anm. der Red.) hat bei der ersten Pressekonferenz einen Satz gesagt, den ich sehr treffend fand: Es ist ein Stück für Leute, die Opern lieben und Musical nicht lieben, und auch andersrum, für Leute die Musical lieben und Opern nicht mögen. Diese Leute sollten alle in das Musical gehen, weil es alles verbindet und das Beste von Beidem mitnimmt. Das ist ganz spannend. Aber natürlich, die Singtechnik ist jeweils eine ganz andere.

Soll es Musicalbesucher auch auf Oper neugierig machen?

Florian Peters: Sicher auch. Aber auch das Opernpublikum auf Musical.

Eine Vermischung, die im angloamerikanischen Raum weniger streng als bei uns genommen wird.

Florian Peters: Vor allem ist „Schikaneder“ ein Musical, bei dem es um die Entstehung einer Oper geht. Ich finde es immer ganz, ganz schön, wenn Stücke, Musicals, immer eine eigene Sprache finden, die Geschichte zu erzählen. Auch musikalisch eine eigene Sprache zu finden, und das hat Stephen Schwartz eben hier gefunden.

Wie fühlst du dich, ist Anspannung zu spüren, oder überwiegt die Vorfreude vor der Premiere?

Florian Peters: Beides. Die Nervosität kommt dann manchmal in Schüben. Bis jetzt geht es aber noch. Samstag wird natürlich total spannend, da haben wir die Generalprobe und spielen das erste Mal vor Publikum. Es wird natürlich total spannend, wie das Stück ankommt. Wir sind inzwischen alle schon betriebsblind, wenn man an einer Produktion so lange arbeitet. Man macht die Pointe zum zwanzigsten Mal auf der Bühne und seit dem dritten Mal lacht keiner mehr. Dann denkt man sich, oh Gott, bin ich nicht mehr lustig, was ist falsch, aber das ist, weil es alle schon kennen. Das wird ganz spannend sein zu sehen, wie es am Samstag ankommt.

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