„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“

Sonderausstellung in der Galerie des Ruhr Museums

Mit einer Auswahl der besten Stücke der Archäologischen Sammlung setzt das Ruhr Museum ab dem 28. September 2016 die Reihe seiner Ausstellungen und Kataloge aus eigenen Beständen fort. Nach „Von A bis Z. Die Fotografische Sammlung des Ruhr Museums“, „Von A bis Z. Fotografie im Ruhr Museum, Teil 2“, „Ausgewählt. Vormoderne im Ruhr Museum“, „Steinreich. Mineralogie im Ruhr Museum“ und „Arbeit & Alltag. Industriekultur im Ruhr Museum“ ist nun die breit aufgestellte Archäologische Sammlung an der Reihe. Die Ausstellung erfolgt mit Unterstützung der Freunde und Förderer der Archäologischen Sammlungen e. V.

Ausstellungsplakat „Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, © Ruhr Museum, Fotos: Rainer Rothenberg, Gestaltung: Uwe Loesch

Mit der Präsentation der Archäologischen Sammlung beweist das Ruhr Museum erneut, dass es zwar das Regionalmuseum des Ruhrgebiets ist, aber durchaus über große, bedeutende überregionale und internationale Sammlungen verfügt. Über 50.000 Fundstücke aus allen Epochen der Mensch­heits­ge­schichte und unterschiedlichen Regionen sind in mehr als 100 Jahren in das Museum gelangt. Sie alle wurden einmal als Bodenfunde aus dem Erdreich ans Tageslicht gebracht und sind somit „ausgegraben“.

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Kopfteil eines Sarkophagdeckels, Fundort unbekannt; Ende Spätzeit bis Anfang Griechisch-Römische Zeit, ca. 380 – 300 v. Chr., Kalkstein


Die Archäologische Sammlung des Ruhr Museums

Die Geschichte der Archäologischen Sammlung des Ruhr Museums ist lang. Sie geht zurück auf den 1880 gegründeten „Historischen Verein für Stadt und Stift Essen“. Er trug erste Altertümer zusammen und zeigte sie seit 1904 im Essener Museum. Einen wesentlichen Grundstock bildet bis heute die 1912 angekaufte Sammlung des Straßburger Archäologen Dr. Robert Forrer (* 9. Januar 1866 in Meilen, † 9. April 1947 in Straßburg). Der erste Direktor des späteren Ruhr­land­museums, Dr. Ernst Kahrs (* 23. Juni 1876 in Münster, † 19. November 1948 in Obernkirchen), erweiterte bis in die 1930er-Jahre den Bestand vor allem durch Grabungen in der Region beträchtlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg kaufte man verstärkt Zeugnisse der Hochkulturen des Alten Orients und des Mittelmeerraums an – sie sollten die Entwicklung des Gebiets an Rhein und Ruhr in den großen Rahmen der europäischen Kulturentwicklung setzen. Als am 29. November 1984 die neue Dauerausstellung des Ruhrlandmuseums im Museumszentrum an der Goethestraße eröffnet wurde, ließen sich die archäologischen Sammlungsbestände nicht mehr in das neue Museumskonzept integrieren, in der Presse wurde sogar über einen möglichen Verkauf spekuliert. Nachdem sich Historiker der Gesamthochschule Essen für den Verbleib der Sammlung eingesetzt hatten, wurde diese im neu gegründeten „Museum Altenessen für Archäologie und Geschichte“ gezeigt. Dr. Ulrich Borsdorf (* 2. Dezember 1944 in Jüterbog) betrieb seit seiner Ernennung zum Museumsleiter im Jahr 1986 die Integration der Archäologischen Sammlung in das Ruhrlandmuseum, nach der Schließung des Museums Altenessen 1993 kehrte sie dorthin zurück.

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Mumienmaske einer Frau, wahrsch. aus Mittelägypten; Griechisch-Römische Zeit, römisch, ca. Mitte 2. Jahrhundert n. Chr., Stuck (Gips), Glaspaste

In neuerer Zeit bereichern die Funde der Essener Stadt­archäologie die Bestände und erweitern den archäologischen Horizont bis in die Industriezeit. So zeigt die Sammlung in ihrer wechselhaften Entwicklung und in ihrem entsprechenden Bestand die ganze Bandbreite zwischen einer internationalen und einer regionalen Ausrichtung. In ihren Sammlungs­traditionen offenbart sie dabei die für die Institution Museum so typische Spannbreite zwischen dem Eigenen und dem Fremden, der Vergewisserung der eigenen Geschichte und der Faszination fremder Kulturen und Epochen.

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Apulisch-rotfiguriger Volutenkrater, Fundort unbekannt; klassisch, unteritalisch, 340 – 330 v. Chr., Ton


Die Ausstellung „Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“

Die Ausstellung zeigt mit über 400 Stücken die ganze Band­breite der Archäologischen Sammlung des Ruhr Museums, ergänzt durch antike Münzen aus der Numismatischen Sammlung. Sie zeigt Funde aus Ägypten und dem Vorderen Orient, aus Griechenland, Italien und dem Römischen Weltreich, aber eben auch Grabungsfunde aus dem Ruhrgebiet und – dank der Stadtarchäologie – auch aus Essen. Als inhaltliche Klammer dient die grundlegende Gemeinsamkeit aller ausgestellten Objekte: ausgegraben worden zu sein.

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Sarg der Dame Iti-ibi, angebl. aus Assiut; Mittleres Reich, Mitte 12. Dynastie, ca. 1880 – 1830 v. Chr., Zedernholz

Auftakt der zehn Abteilungen bilden ausgewählte Stücke der prähistorischen Sammlung Robert Forrer, die im Ganzen den Grundstock der archäologischen Bestände des Museums bildet. Die weitere Gliederung folgt der aus der archäologi­schen Wissenschaft bekannten Einteilung in Epochen und Kulturkreise. Demnach repräsentieren Werkzeuge, Geräte, Waffen und zum Teil kunstvoll bemalte Kera­miken die Hochkulturen im Alten Orient und Alten Ägypten, den Einflussbereich der antiken Griechen von Süditalien bis Zypern, die Etrusker und Italiker und schließlich die römische Kultur, die in ihrer Blütezeit über weite Teile der damals bekannten Welt verbreitet war.

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Sarg der Dame Iti-ibi, angebl. aus Assiut; Mittleres Reich, Mitte 12. Dynastie, ca. 1880 – 1830 v. Chr., Zedernholz

Durch eine teils gemeinsame Geschichte sind die Bestände des Ruhr Museums und des Museum Folkwang miteinander verwoben. Die Ausstellung wird daher in diesen Abschnitten mit 13 ausgesuchten Leihgaben des Museum Folkwang ergänzt. Beigaben aus Gräbern und Zeugnisse der Alltags­kultur veranschaulichen das Leben der Menschen in der Vor- und Frühgeschichte West- und Mitteleuropas von der Steinzeit bis ins frühe Mittelalter. In den folgenden beiden Abteilungen konzentriert sich der Blick auf ausgewählte Stücke der Archäologie an Rhein und Ruhr und der Essener Stadtarchäologie. Am Ende der Ausstellung zeigt die Abteilung Unecht weitere Facetten der Sammlung abseits der originalen Bodenfunde – Kopien, Modelle und Fälschungen.

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Etruskisch-italische Votivkopf eines Jünglings, Fundort unbekannt; Ende 5. Jahrhundert v. Chr., Ton

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Apulisches Doppelgefäß, Fundort unbekannt; erste Hälfte 3. Jahrhundert v. Chr., Ton

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Riefelsarkophag mit drei Grazien, Italien; spätantoninisch bis frühseverisch, 180 – 200 n. Chr., Marmor

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Riefelsarkophag mit drei Grazien, Italien; spätantoninisch bis frühseverisch, 180 – 200 n. Chr., Marmor

„Keine Angts vor nackten Männern“: Prof. Heinrich Theodor Grütter, Direktor des Ruhr Museums, Dr. Patrick Jung, Kurator der Ausstellung, und Professor em. Dr. Justus Cobet, Freunde und Förderer der Archäologischen Sammlungen e. V.

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Statue eines Jünglings, Fundort unbekannt; 1. Jahrhundert n. Chr., Marmor

„Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“, Lackprofil des Teiches er ehemaligen Abtei zu Essen-Werden, Essen-Werden, Folkwang Hochschule; karolingerzeitlich, ca. zweites Viertel 9. Jahrhundert n. Chr., Teichsedimente auf Baumwollgewebe und Glasfasermatte mit Polyesterharz

Die Ausstellung „Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“ ist vom 28. September 2016 bis 3. September 2017 täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, am 24., 25. und 31. Dezember geschlossen. Der Eintritt beträgt 3 EUR, ermäßigt 2 EUR, Kinder und Jugendliche bis einschließlich 17 Jahre haben freien Eintritt. Der Katalog zu dieser Ausstellung ist im Verlag der Buchhandlung Walther König erschienen. Er umfasst 304 Seiten mit ca. 125 Abbildungen und kostet im Museumsshop 19,80 Euro, sonst 29,80 Euro. Neben einer vierteiligen Vortragsreihe und einer Gesprächsrunde werden im Begleitprogramm verschiedenen Führungen durch die Ausstellung angeboten.

Thomas Kufen, Oberbürgermeister des Stadt Essen, bei der Eröffnung der Ausstellung „Ausgegraben. Archäologie im Ruhr Museum“

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