Sonderausstellung „200 Jahre Krupp. Ein Mythos wird besichtigt“ online wiedereröffnet

Das Ruhr Museum präsentierte vom 31. März 2012 bis 6. Januar 2013 die überaus erfolgreiche Sonderausstellung „200 Jahre Krupp. Ein Mythos wird besichtigt“ zur Geschichte der Firma und Familie Krupp – auch dank der zahlreichen Leihgeber, allen voran der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Ein einzigartiges Pilotprojekt erweckt die damalige Ausstellung nun zu neuem Leben und macht sie ab sofort online wieder in voller Gänze „begehbar“ und erlebbar. Das mindestens in der deutschen Museumslandschaft einmalige Projekt kombiniert den Ansatz einer 360-Grad-Fotodokumentation in HDR-Qualität mit dem eines interaktiven, virtuellen und barrierefreien Rundgangs, bei dem die „Ausstellungsbesucher“ nicht nur die ausgestellten Objekte in höchster Detailtreue (wieder-) entdecken, sondern auch auf den Original-Audioguide sowie das historische Filmmaterial der Ausstellung zurückgreifen können.

Die Geschichte der Firma und Familie Krupp ist legendenumwoben wie die keiner anderen deutschen Industriefamilie. Sie zählt zu den bedeutendsten Kapiteln der deutschen, ja der europäischen Historie. In beispielhafter Weise zeigt sie die Dramatik des Industriezeitalters – nicht nur im Ruhrgebiet. Der Name Krupp steht für Pionier- und Erfindergeist, für den unbeirrbaren Aufstieg aus kleinsten Ursprüngen in unvorstellbare Dimensionen, für menschliche Größe und menschliches Versagen, für schwere Arbeit und gigantische Produkte, aber auch für uneingeschränkte Solidarität und Gemeinschaft.

„200 Jahre Krupp. Ein Mythos wird besichtigt“, © REALITY ZOOM/Ruhr Museum

Zum 200-jährigen Jubiläum der Firma hatte das Ruhr Museum 2012/2013 dem „Mythos Krupp“ eine große Sonderausstellung gewidmet, die über 70.000 Besucher begrüßen konnte. Die Ausstellung präsentierte auf rund 1.000 m² nicht weniger als 1.500 Exponate. Darunter befanden sich Portraits und persönliche Gegenstände der Mitglieder der Familie Krupp, Einrichtungsgegenstände der Villa Hügel sowie Kunstwerke und Mineralien aus den Kruppschen Sammlungen. Sie zeigte wichtige Urkunden und Verträge und die legendären Produkte der Firma: frühe Bestecke, Münzstempel und Walzen, Eisenbahnschienen und Radsatz, Kanone und Geschosse, darunter die berühmte „dicke Berta“. Die vom Büro südstudio entworfene eindrucksvolle Ausstellungsarchitektur in der basilikalen Raumstruktur und zwischen den rauchgeschwärzten Betonwänden der beeindruckenden Kohlebunkern der Kohlenwäsche auf dem Welterbe Zollverein wurde mit dem red dot design award 2012 und dem German Design Award 2013 ausgezeichnet.

Dokumentationen von Ausstellungen mit Hilfe von Fotografien – von ein paar Pressebildern bis hin zu einer alle Ausstellungsräume umfassenden Fotoserie – gab es schon im analogen Zeitalter und kommen auch in digitaler Form in wohl allen Museen zur Anwendung. Auch virtuelle Rundgänge und 360-Grad-Panoramen finden sich im Internet immer häufiger und die ersten Museen leisten sich eine solche virtuelle Tour.

Bei dem vorliegenden Projekt handelt es sich jedoch um eine absolut neue Idee, mit der sich das Fotografen-Team von REALITY ZOOM, die mittlerweile für die Staatskanzlei NRW auch alle nordrhein-westfälischen UNESCO-Welterbestätten „digitalisiert“ haben, an das Ruhr Museum gewandt hatte. Ihr Pilotprojekt kombiniert den Ansatz einer 360-Grad-Fotodokumentation mit dem eines interaktiven virtuellen Rundganges über ganze 49 Stationen. Dabei optimieren sie bestehende Technik und erweitern diese mit selbst entwickelten Verfahren. Zu ihrem speziellen Workflow gehören eine Kamera, mit der die vollsphärischen Kugelpanoramen mit bis zu 3.000 Einzelbildern aufgenommen werden, ein bis zu 15 Meter hohes Teleskopstativ und ein Panoramakopf, der die Kamera steuert.

Dank modernster Hochkontrastbilder, sogenannter High Dynamic Range Images (HDRI) mit einer ungewöhnlich hohen Auflösung von 2 Gigapixel je Position entstehen schärfste Abbildungen mit feinster Detailgenauigkeit und zugleich extremen Kontrasten bei auch schwierigsten Lichtverhältnissen. In Kombination mit der interaktiven Navigation in den Räumen und der Zoom-Funktion kann man sich einzelne Objekte und Ausschnitte in der Ausstellung ganz nah und zugleich gestochen scharf „heranholen” und betrachten. Die Darstellung eines einzelnen Exponats erreicht dabei Objektfotografie-Niveau und eine Detailgenauigkeit, bei der die Konturen, die Oberflächen, ja die gesamte Haptik des Objekts erkennbar wird. Die Auflösung ist so hoch, dass sogar die dazugehörigen Exponattexte und die einzelnen Buchstaben ausgestellter Schriftstücke in den Vitrinen zu lesen sind. Dieses Angebot wird kombiniert mit der Einbindung des 67 Stationen umfassenden Original-Audioguides zur Ausstellung und des historischen Filmmaterials in den 10 Medienstationen. Durch Anklicken eingebetteter Symbole an den entsprechenden Positionen können diese Zusatzinhalte abgerufen werden.

Mindestens genauso wichtig und aufwendig wie die technische und logistische Arbeit in der Ausstellung ist bei so einem Projekt die anschließende Bearbeitung der Daten am Computer. Auch hier wurde eine spezielle Ausstattung verwendet und tagelang ganze Renderingparks eingesetzt, um die knapp 50.000 Einzelbilder zusammen zu setzen. Das Gesamtprojekt „Ein Mythos wird besichtigt” umfasst am Ende ein Datenvolumen von über 11 Gigabyte. Dies wiederum erfordert außerdem eine zeitgemäße Internetoptimierung des Materials, so dass trotz der immensen Datenmengen eine flüssige Online-Betrachtung auch bei langsamer Anbindung an das Internet und auch eine Wiedergabe ohne Flash-Player gewährleistet ist.

„200 Jahre Krupp. Ein Mythos wird besichtigt“, © REALITY ZOOM/Ruhr Museum

Das Ruhr Museum als großes Regionalmuseum über und für das ganze Ruhrgebiet versteht sich seit seiner Gründung 2010 als offenes und modernes „Heimatmuseum“ mindestens für alle 5 Millionen Bewohner eben dieses größten Wirtschaftsraums Europas. Es begleitet aktiv den Wandel von der ehemaligen Montanregion hin zu einem Dienstleistungs-, Logistik- und Technologiestandort des 21. Jahrhunderts. Dabei ist das Ruhr Museum immer offen für neue Techniken und Technologien und zeitgemäßen Formen der Bildung und Vermittlung von Wissen und Geschichte. Für das Ruhr Museum bedeutet dieser einzigartige „begehbare“ digitale Ausstellungskatalog und die erstmalige Archivierung einer kompletten Sonderausstellung eine neue Nachhaltigkeit der finanziellen und fachwissenschaftlichen Investitionen in eine sonst nur temporäre Sonderausstellung sowie vor allem eine äußerst spannende Bereicherung der originären Aufgaben eines Museums: Bewahren, Ausstellen und Vermitteln. Das Ruhr Museum kann damit ein Angebot präsentieren, das sowohl für verschiedenste Wissenschaftler als auch für geschichtsinteressierte und/oder technikaffine Besucher äußerst interessant und attraktiv ist. Sei es um sich mit einzelnen Objekten bildlich und im thematischen, assoziativen Zusammenhang in den einzelnen Kapiteln und der gesamten Ausstellung wissenschaftlich auseinander zu setzen oder um diese bedeutende Sonderausstellung zur Geschichte der Firma und Familie Krupp mit ihrer besonderen Atmosphäre in den Bunkern der Kohlenwäsche des Ruhr Museums noch einmal „live“ und in voller Gänze zu erleben. Und dies alles in einer nie dagewesenen virtuellen Qualität und „Realität”, mit Ausnahme der Verbindungskosten absolut kostenlos und rund um die Uhr für jedermann im Internet auf www.ein-mythos-wird-besichtigt.de besuchbar.

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