„Billy Elliot de Musical“

„Billy Elliot de Musical“ – nach dem gleichnamigen Spielfilm von Stephen Daldry (2000); Musik: Elton John; Lyrics, Buch: Lee Hall; Niederländische Bearbeitung: Martine Bijl; Inszenierung: Stephen Daldry; Choreografie: Peter Dalring; Bühne: Ian MacNeil; Kostüme: Nicky Gillibrand; Licht: Rick Fisher; Ton: Paul Arditti; Musikalische Leitung, Arrangements: Martin Koch. Darsteller: Sammy Kuit (Billy Elliot), Frédérique Sluyterman van Loo (Sandra Wilkinson), Bas Heerkens (Jackie Elliot, Billys Vater), Reinier DeMeijer (Tony Elliot, Billys älterer Bruder), Irene Kuiper (Oma), Dennis Willekens (Mr. Braithwaite), Bas Grevelink (George), Loes Worm (Jenny Elliot, Billys Mutter), Michael Snoey Kiewit (Billy Elliot, 25 Jahre alt), Rogier Baris (Michael Caffrey, Billys bester Freund), Alicia Prinsen (Debbie Wilkinson, Sandras Tochter), Balletklas: Nathalie Vrede (Margaret Gormley), Ezme Hetharia (Tina Harmer), Tamar Verbeek (Allison Summers), Imke Biersma (Susan Parks), Sam Springer (Sharon Percy), Marin Kromhout (Tracy Atkinson), Zoë van Kessel (Julie Hope), Anne Zuurmond (Keeley Gibson); Joël ten Have (kleiner Junge), Thijs Stortelers (großer Junge), Irene Kuiper, Jochem Feste Roozemond, Tabi Awan, Leon de Graaf, Roberto de Groot, James Harwood, Joost de Jong, Mischa Kiek, Michael Konings, Junior van Keulen, Jordy Maarseveen, Michael Snoey Liewit, Jazmon Voss, Erwin Aarts, Liss Walravens, MIlan van Weelden, Suzanne Heijne, Barbara Hol, Jeroen Duijghuisen (Ensemble). Uraufführung: 11. Mai 2005, Victoria Palace Theatre, London. Premiere: 30. November 2014, besuchte Vorstellung: 14. Juli 2015, AFAS Circustheater, Scheveningen, Den Haag.



„Billy Elliot de Musical“


Das phänomenale Musical am Circustheater in Den Haag


Das Musical „Billy Elliot“ basiert auf dem gleichnamigen Spielfilm von Stephen Daldry (2000) und wird weltweit von Universal Stage Productions, Working Title Films und Old Vic Productions produziert. Es wurde am 11. Mai 2005 (mit Previews ab 31. März 2005) im Victoria Palace Theatre am Londoner West End uraufgeführt, wo es immer noch vor ausverkauftem Haus spielt. Seit der Uraufführung haben mehr als neuneinhalb Millionen Zuschauer das Musical u. a. am Broadway, Sydney, Melbourne, Chicago, Toronto und Seoul gesehen. Eine Nordamerika-Tournee begann im Oktober 2010 in Durham, North Carolina, und endete im Juni 2013 in Hartford, Connecticut, bevor sie im August 2013 für drei Wochen in São Paulo zu sehen war. Dort wurde „Billy Elliot“ erstmalig in Südamerika gezeigt, und es war das erste Musical seit der Tournee von „Cats“ im Jahr 2006, dessen internationale Tournee in Brasilien gezeigt wurde. Das Musical wurde mit mehr als 80 internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter fünf Laurence Olivier Awards sowie zehn Tony Awards und zehn Drama Desk Awards im Jahr 2009.

„Billy Elliot de Musical“ erzählt die Geschichte von Billy Elliot, dem 11-jährigen Sohn der Arbeiterfamilie Elliot zur Zeit des Bergarbeiterstreiks 1984/1985 in Durham, Nordengland. Während sich der Vater und der ältere Sohn Tony im Streik befinden, wird der jüngere Sohn Billy zum Boxunterricht geschickt, wo er versehentlich in die Ballettstunde bei Mrs. Wilkinson gerät. Zu seiner eigenen Überraschung scheint er Talent für das Ballett zu haben, und so nimmt er gegen den Willen seines Vaters weiterhin am Ballettunterricht von Mrs. Wilkinson teil, die ihn schließlich zum Vortanzen bei der Royal Ballet School in London, einer der renommiertesten Ballettschulen des Landes, anmeldet. Billy hofft darauf, sich dort seinen großen Traum erfüllen zu können.

Der politische und geschichtliche Hintergrund, als die damalige britische Regierung unter Premierministerin Margret Thatcher den Einfluss der Gewerkschaften auf die Industrie einzuschränken versuchte und die schwerwiegende Niederlage der britischen Bergarbeiter im einjährigen, ergebnislosen Bergarbeiterstreik der „National Union of Mineworkers“ unter der Führung von Arthur Scargill 1984/1985, was die Forderungen der Bergarbeiter anbelangt, macht „Billy Elliot the Musical“ zu einem typisch britischen Phänomen, was womöglich erklärt, dass das Musical am Victoria Palace Theatre mehr als neun Jahre nach der Uraufführung immer noch gespielt wird, am Broadway am Imperial Theatre dagegen nach 1.312 Vorstellungen geschlossen wurde. Ungeachtet dessen kann man sich schwerlich der bewegenden Geschichte entziehen, in der Billy Elliot auf der Suche nach Individualität gegen alle Konventionen und Erwartungen seinen eigenen Weg findet. Stephen Daldry, der mit „Billy Elliot – I will Dance“ 2000 sein Debüt als Spiel­film­regisseur gab, hat die Drehbuchvorlage von Lee Hall, der auch für die Musicaladaption verantwortlich zeichnet, mit einfallsreichen Ideen auf der Bühne umgesetzt. Die von Elton John komponierten Songs gaben dem Choreografen Peter Dalring die Gelegenheit, einige hervorragende Showstopper zu kreieren, die im Mittelpunkt der Aufführung stehen, beispielsweise der „Angry Dance“ zum Ende des ersten Aktes, Billys Solo zu „Electricity“ oder das Finale im zweiten Akt, aber auch der Pas de deux mit seinem älteren Alter Ego, in dem der junge Billy Elliot über die Grenzen seines Könnens hinauswächst.

Im Juli diesen Jahres bot Stage Entertainment Nederland Tickets für „Billy Elliot de Musical“ zum Preis von 25 Euro an: „Kom met zomers voordeel genieten van een topmusical. In een heerlijk koel theater. Voor slechts € 25,- per kaart beleeft u Billy Elliot in het AFAS Circustheater in Den Haag.“ Zwar ist im Kleingeruckten zu lesen, „Prijzen zijn exclusief reserverings- en transactiekosten“, doch den Endpreis für ein solches „Zomerhitte“-Ticket erfährt man erst im Laufe des Buchungsvorgangs, und am Ende schlägt das 25-Euro-Ticket mit sage und schreibe 34,44 Euro zu Buche, wobei 6,20 Euro für „Servicekosten“, 1,50 Euro für „Systeem Fee“, 0,84 Euro für „Transactiekosten“ und schließlich nochmals 0,90 Euro für „Service- en verzendkosten“ (beim Kauf von zwei e-Tickets) anfallen. Das sind mal eben satte 38 % Gebühren, um die das „Zomerhitte“-Ticket am Ende teurer war und die eben nicht sofort angezeigt werden, wenn man die Tickets in den virtuellen Einkaufswagen legt. 34,44 Euro sind zwar immer noch ein Bruchteil des Preises für ein Kategorie 1-Ticket für Musicals der deutschen Stage Entertainment GmbH, aber darum geht es nicht, es geht lediglich um das Verhältnis vom Endpreis zum beworbenen Ticketpreis, und 38 % Aufschlag finde ich schon ganz schön heftig, einfach nur noch ärgerlich… Eigentlich hätte sich der Verantalter damit das Label „Ärgernisse“ redlich verdinet, aber was nicht ist, kann ja noch werden…

Eine reguläre Besprechung werde ich mir an dieser Stelle ebenfalls verkneifen, Surprise! Surprise! Der Aufwand steht einfach in keinem gesunden Verhältnis mehr zum Nutzen, wer liest beinahe ein Jahr nach der Live-Übertragung der Vorstellung im Victoria Palace Theatre in ausgewählte europäische Kinos und der nachfolgenden Veröffentlichung auf DVD und Blu-ray sowie acht Monate nach der Premiere im Circustheater in Scheveningen eine Besprechung, die vom Tenor her ganz ähnlich ausfiele wie zum entsprechenden Zeitpunkt publizierte Besprechungen? Und warum sollte ich Werbung für einen Veranstalter machen, der sich zu den Ticketpreisen noch 38 % Gebühren in die Tasche steckt? Nur so viel: Kein heimische Pantoffelkino und auch keine 150 m² große Leinwand, wie sie beispielsweise Deutschlands größter Filmpalast, die Lichtburg in Essen besitzt, können das Live-Erlebnis und die Atmosphäre im Theater ersetzen.

Billy Elliot zählt mit den Anforderungen an Schauspiel, Gesang und vor allem Tanz sicherlich zu den anspruchvollsten Kinderrollen im Musical, die es derzeit überhaupt gibt. Sammy Kuit (11) aus Arnheim gehört bereits zur zweiten Kindercast in den Niederlanden und hatte am 26. Juni 2015 als 98. Darsteller des Billy Elliot weltweit sein professionelles Debüt im Circustheater in Scheveningen. Was der junge Darsteller in seinem Alter auf der Bühne liefert ist wirklich beeindruckend. Aufgrund seines Alters zählt er rechtlich noch als Kind und darf daher nur eine begrenzte Anzahl von Vorstellungen spielen, weshalb die Rollen von Billy Elliot und Michael Caffrey gleich sechsfach besetzt sind, die übrigen Kinderrollen sind vierfach besetzt. Nicht minder beeindruckend das komödiantische und tänzerische Talent von Rogier Baris als Billys bester Freund Michael Caffrey, der gern die Kleider seiner älteren Schwester trägt. Unter den Erwachsenen ist Frédérique Sluyterman van Loo als desillusionierte Tänzerin Sandra Wilkinson zu erwähnen, die als Tanzlehrerin mit Billy hart daran arbeitet, dass sein Traum in Erfüllung gehen kann. Bas Heerkens reagiert als Billys Vater Jackie Elliot zunächst entsetzt, dass Billy Balletttanzen besser gefällt als Boxen, sieht aber schließlich ein, dass womöglich das Ballett Billy davor bewahren kann, als Bergarbeiter ohne Perspektive wie er selbst zu enden. Reinier DeMeijer hält als Billys älterer Macho-Bruder Tony Elliot ebenfalls nicht viel von dessen Träumen. Zum großen Ensemble gehören außerdem Irene Kuiper, die als Billys Oma mit Gedächtnislücken für komische Momente sorgt, Dennis Willekens, der als übergewichtiger Pianist Mr. Braithwaite tanzend zur Höchstform aufläuft, und Loes Worm (Jenny Elliot) als Billys tote Mutter, die ihm immer wieder erscheint.

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