Römisches Handwerkerfest im LVR-Archäologischen Park Xanten

Erlebnis in den neuen Hand­werker­häusern unter dem Motto „Es lebe das Handwerk“

Die Straßenfront der neuen Handwerkerhäuser im LVR-Archäologischen Park Xanten

Bisher prägten prachtvolle Bauwerke wie der Hafentempel, das Amphitheater und die Großen Thermen das Bild von der römischen Stadt Colonia Ulpia Traiana. Dagegen zeigen drei neue, unlängst über den Fundamenten ihrer römischen Vorbilder rekonstruierte Handwerkerhäuser, wie die einfachen Menschen in der Stadt gelebt und gearbeitet haben. Nachdem die neuen Handwerkerhäuser im LVR-Archäologischen Park Xanten gegenüber der römischen Herberge am vergangenen Donnerstag offiziell eröffnet wurden, haben dort und auf den umliegenden Wiesen am ersten Maiwochenende von Freitag, 1. Mai, bis Sonntag, 3. Mai 2015 zahlreiche Akteure Einzug gehalten und zeigen ihr Hand-Werk. Hand-Werk ist dabei wörtlich zu nehmen, denn die nützlichen Dinge des Alltags – vom Kochtopf bis zur Tunika – entstanden ohne Strom und Maschinen. Beim ersten römischen Handwerkerfest geben mehr als einhundert Fachleute mit Geschick und Muskelkraft Einblicke in ihre traditionellen Fertigkeiten. So umfangreich und vielfältig war das antike Handwerk im LVR-Archäologischen Park Xanten noch nie zu sehen.

Freigelegte römische Grundmauern

Die Handwerkerhäuser mit den Werkstätten für Weber, Fein- und Eisenschmiede und Bronzegießer wurden entsprechend der archäologischen Befundlage in Xanten in Lehmbauweise mit ihren Werkstätten und Wohnräumen rekonstruiert. Die tragenden Stampflehmwänden wurden auf einer über den römischen Grundmauern liegenden Betonplatte errichtet, was im mittleren der drei rekonstruierten Häuser sehr schön zu erkennen ist. Die Läden der Handwerker, in denen sie ihre Produkte zum Verkauf anboten, lagen im Erdgeschoss zur Straße hin, die Werkbereiche im hinteren Teil. Im Obergeschoss befanden sich die Wohnungen.

Wohnraum über den Werkstätten

Ausstellung zu römischer Kleidung über der Weberei

Über der Weberei vermittelt eine Ausstellung Informationen über römische Stoffe und Kleidung, und auch über die Unterwäsche, die unter der Tunika getragen wurde. Frauen nutzten eine Art Brustbinde aus Leinen und eine Unterhose, teilweise mit Bändern zur Verzierung.

Ausstellung zur Unterwäsche über der Weberei

Weberinnen am rekonstruierten Webstuhl

Hier kann man alles über die Herstellung und Verarbeitung von Stoffen in der Antike erfahren. An einem rekonstruierten Webstuhl entsteht in Handarbeit eine Tunika, wobei der Schussfaden manuell eingebracht werden muss.

Weberin am rekonstruierten Webstuhl, im Hintergrund ein Gewichtswebstuhl

Bronzegießerei

Schmiede

Übrigens führen Schuhmacher und Knochenschnitzer in den Werkstätten an der römischen Herberge an den Wochenenden von Mai bis September regelmäßig ihr altes Handwerk vor, und auch das Weben und Textilhandwerk auf römische Art sowie Schmiedevorführungen werden von nun an fester Bestandteil des Veranstaltungsprogramms an den Wochenenden sein. Detaillierte Informationen unter www.apx.lvr.de.

Schmiede

Vorratshaltung in den Handwerkerhäusern

Der Schiffsbaumeister biegt eine Planke

Für das Handwerkerfest hat Schiffsbaumeister Kees Sars die Aktivitäten von der römischen Schiffswerft neben dem LVR-RömerMuseum, die ihre Arbeit an der Rekonstruktion römischer Schiffe wieder aufgenommen hat, auf eine Wiese in der Nähe der Handwerkerhäuser verlegt.

„Nehalennia“, vollständiger Nachbau eines römischen Lastkahns in der Schiffswerft

Im letzten Arbeitsschritt wird der Schiffsrumpf der im letzten Jahr rekonstuierten Prahmfähre abgedichtet, dafür wird ein in Holzteer getränktes Hanftau in die Fugen zwischen den Holzplanken gepresst und mit über 2000 Kalfaternägelchen befestigt. Der Lastkahn, dessen originales Vorbild 1991 bei Xanten entdeckt wurde und inzwischen konserviert im LVR-RömerMuseum zu sehen ist, soll im Juni für eine Testfahrt zu Wasser gelassen werden.

Abdichtung der Plankennähte auf der Unterseite des Schiffsbodens (Kalfaterung)

Bäckerei

Daneben zeigen zahlreiche Handwerker ihre originalgetreu hergestellten Waren und ihre anstrengende und teilweise knifflige Arbeit. Bei alledem wird nicht nur gezeigt, sondern natürlich auch erklärt. Dabei wird nicht nur graue Theorie vermittelt, denn obendrein können Besucherinnen und Besucher mitmachen und selbst Hand anlegen, wobei besonders viele Aktionen zum Mitmachen für Kinder angeboten werden. So werden die antiken Handwerkstechniken authentisch erlebbar.

Drechsler

Der Fischer knüpft ein neues Netz

Holzschnitzerin

Imker

Knochenschnitzerei

Schreiber

Schreiber

Steinmetz

Töpferei

Hafentempel

Bei Ausgrabungen wurden noch die 24 × 36 Meter große Fundamentplatte sowie unzählige kleine Bruchstücke des Hafentempels gefunden. Die über zwei Meter starke Fundamentplatte ist über einen Zugang auf der Rückseite des Tempels zu erreichen, über eine Treppe gelangt man in die Baugrube. Abseits der Besucherströme haben Vögel in den Fundamenten des Hafentempels ihr Nest gebaut.

Vogelnest im Fundament des Hafentempels

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