„Sister Act – Das Broadway-Musical“ revisited

„Sister Act – Das Broadway-Musical“ – nach dem Film „Sister Act“ von Joseph Howard mit Whoopi Goldberg; Musik: Alan Menken; Liedtexte: Glenn Slater; Buch: Cheri und Bill Steinkellner; Deutsche Übersetzung: Kevin Schroeder/Heiko Wohlgemuth (Songtexte) und Ruth Deny (Buch); Inszenierung: Carline Brouwer; Choreografie: Anthony van Laast; Musical Supervision/Arrangements: Michael Kosarin; Orchestrierung: Doug Besterman; Bühne: Klara Zieglerova; Kostüme: Lez Brotherton; Licht: Natasha Katz; Ton: Mick Potter; Dirigent: Andreas Schmidgen; Darsteller: Nyassa Alberta (Deloris van Cartier), Pamela Zottele (Mutter Oberin), Mischa Mang (Curtis Jackson), Mathieu Boldron (Eddie Fritzinger), Michael Flöth (Monsignore O´Hara), Abla Alaoui (Schwester Mary Robert), Martine de Jager (Schwester Mary Patrick), Verena Plangger (Schwester Mary Lazarus), Qushánnik „Qshansz“ Thodé (TJ), Benjamin Eberling (Joey), Terry Alfaro (Pablo), Christina Brenner, Karen Helbing (Schwester Mary Kitty), Adrianna Hicks (Michelle, Schwester Mary Mona), Josefien Kleverlaan, Yvonne Köstler (Schwester Mary Amalia Atkins), Laura Panzeri (Tina, Schwester Mary Annette), Claudie Reinhard (Schwester Mary Nirvana), Maren Somberg (Schwester Mary Trudi Narcolepsia), Vanessa Alexandra Wilcek (Schwester Mary Lou), Merel Zeeman (Schwester Mary Theresa), Claudio Goncalves, Oliver Sekula, Harald Tauber. Uraufführung: 24. Oktober 2006, Pasadena Playhouse, Pasadena, Kalifornien. West End Premiere: 2. Juni 2009, London Palladium, London, UK. Deutschsprachige Erstaufführung: 2. Dezember 2010, Operettenhaus Hamburg. NRW-Premiere: 3. Dezember 2013, Metronom Theater Oberhausen.



„Sister Act – Das Broadway-Musical“


Die musicalischen Nonnen begeistern in Oberhausen noch immer


Das Musical „Sister Act“ nach dem gleichnamigen Film von Emile Ardolino aus dem Jahr 1992 wurde am 4. Oktober 2006 am Pasadena Playhouse in Kalifornien uraufgeführt, wo es bis 23. Dezember 2006 die unglaubliche Summe von über 1.000.000 US-$ eingespielt hat. Am 2. Juni 2009 brachte Stage Entertainment das Musical am West End mit Patina Miller als Deloris van Cartier heraus, die deutschsprachige Erstaufführung folgte am 2. Dezember 2010 im Operettenhaus Hamburg. Seither war es im deutschsprachigen Raum auch schon in Wien (Premiere 15. September 2009 im Ronacher) und für knapp 10 Monate in Stuttgart (Premiere 9. Dezember 2012 im Apollo Theater) zu sehen. Eine ganze Reihe von Brüdern und Schwestern aus Hamburg und Stuttgart (Zodwa Selele, Nyassa Alberta, Mathieu Boldron, Sonja Atlas, Mischa Mang, Benjamin Eberling, Fehmi Göklü, Terry Alfaro, Kristina Da Costa, Claudio Goncalves, Kati Heidebrecht, Karen Helbing, Yvonne Köstler, Vanessa Alexandra Wilcek, Pamela Zottele u. a.) sind dem Musical-Kloster auch in Oberhausen treu geblieben und sind hier seit dem 3. Dezember 2013 auf der Bühne des Metronom Theaters zu sehen.

Die Handlung des Spielfilms „Sister Act“ von Joseph Howard mit Whoopi Goldberg, auf dem das Musical basiert, dürfte hinlänglich bekannt sein, das Musical verlegt diese aus den 1990er Jahren in San Francisco in das Jahr 1978 nach Philadelphia, Pennsylvania. Sängerin Deloris van Cartier wird Zeugin eines Mordes, den Gangsterboss Curtis Jackson verübt. Fortan steht sie ebenfalls auf seiner „Abschussliste“, und der Polizeibeamte Eddie Fritzinger versteckt sie zu ihrem Schutz im Kloster. Mutter Oberin „verdonnert“ die so gar nicht fromme Schwester Mary Clarence alias Deloris van Cartier zur Leitung des ausgesprochen unmusikalischen Nonnenchors. Unter ihrer Leitung wird daraus jedoch ein stimmgewaltiger Gospelchor, der auch das Interesse der Presse weckt. Prompt erfährt Curtis Jackson von ihrem Versteck und spürt sie dort auf. Doch ihre Mitschwestern und Eddie Fritzinger können Schlimmeres verhindern, und die Gangster werden verhaftet. Am Ende hat sich natürlich alles zum Guten gewendet und Deloris van Cartier verhilft obendrein ihrem liebgewonnenen Nonnenchor zu einem erfolgreichen Auftritt für den Papst.

Ensemble, © Stage Entertainment

Im Musical „Sister Act“ gibt es zwar nicht die bekannten Hits aus dem Film wie „Hail Holy Queen“, „I Will Follow Him“ oder „Shout“ zu hören, aber Oscar-Preisträger Alan Menken knüpft mit seinen eingängigen Songs mit ihrem Disco-Sound, Soul und Gospel-Rhythmen perfekt an den Philadelphia Sound der 1970er Jahre und die folgende Ära der Disco-Musik an, die den Phillysound schließlich verdrängte. Gleich der erste Song „Zeig mir den Himmel“, den Deloris van Cartier mit ihren Freundinnen Michelle und Tina als Soul-Trio für ihren verheirateten Liebhaber Curtis performt, erinnert an die Gesangsgruppe „The Three Degrees“ aus Philadelphia, mit der Gospel-Nummer „Sonntagmorgenfieber“ zu Beginn des zweiten Aktes bekommt man eine Parodie auf „Saturday Night Fever“ von den Bee Gees zu hören. Die Inszenierung von Carline Brouwer unterhält immer dann am besten, wenn der Konvent ins Spiel kommt. Diese Schwestern haben es wahrhaftig in sich, stille Wasser sind bekanntlich tief. Ganz erstaunlich auch, wie beweglich die Darstellerinnen die mitreißenden Choreografien von Anthony van Laast im Habit umsetzen. Der Humor kommt zwar mitunter etwas flach daher, dem Publikum scheint es aber genau in dieser Form zu gefallen, wie man am spontanen Applaus nach Sprüchen wie „Das Essen haben Mary Lafer und Mary Lichter zubereitet“ ermessen kann. Höhepunkt des Bühnenbildes von Klara Zieglerova ist auch in Oberhausen die Kirche mit ihren bunten Glasfenstern sowie der 4,50 Meter hohen Marien-Statue. Passend zu den glitzernden Kostümen des Nonnenchors im Finale (Kostüme: Lez Brotherston) verwandelt sich diese mit über 10.000 Spiegelsteinchen in eine „Disco-Queen“. Ob in diesem Augenblick nicht bereits der mit weißer Soutane und Pileolus als Papst Paul VI. aus dem Orchestergraben hochgefahrene Dirigent Andreas Schmidgen als Blickfang gereicht hätte, der sich zu einem Konzert des Nonnenchores angekündigt hatte, mag jeder für sich selbst entscheiden.

Nyassa Alberta spielt die Rolle der Deloris van Cartier routiniert, alles andere wäre fast vier Jahre nachdem sie diesen Part zunächst als Cover und später alternierend in der deutschsprachigen Erstaufführung übernommen hatte, auch sehr verwunderlich, mit großartiger Stimme meistert sie ihre Songs, und mit ihrer Einsicht im zweiten Akt, dass Freundschaft im Leben wichtiger ist als Karriere und Ruhm, gewinnt auch ihre Darstellung an Tiefgang. Pamela Zottele verleiht der strengen Mutter Oberin als Gegenspielerin von Deloris Würde und Ansehen, ohne dass dabei der Humor auf der Strecke bliebe. Mit ihrem bereits für die Broadway-Fassung eingefügten Song „Mir bleibt wohl keine Wahl“ kann sie auch ihre gesanglichen Qualitäten unter Beweis stellen. Auch Martine de Jager und Verena Plangger haben mit den Charakteren der wohlgenährten, fröhlichen Schwester Mary Patrick und der betagten Schwester Mary Lazarus dankbare Rollen. Als ruhige, schüchterne Novizin Schwester Mary Robert, die zunehmend selbstbewusster wird, gefällt die junge Abla Alaoui, die ich bereits in Bielefeld bei den Proben zu „Bonnie & Clyde“ vermutet hatte, wo sie ab 7. September 2014 in der Hauptrolle der Bonnie Parker zu sehen sein wird. Mit ihrem Song „Die Welt, die ich nie sah“ kann sie auch gesanglich auftrumpfen, dafür braucht sie wahrlich nicht die „Fimi-Stiefel“ von Deloris. Mathieu Boldron spielt den zurückhaltenden Polizeibeamten Eddie Fritzinger („Schwitze-Fritze“) mit sympathischem französischem Akzent, der sich zur Freude der Zuschauer in seinem Song „Tief in mir“ in Tony Manero mit weißem Anzug und entsprechender Pose aus „Saturday Night Fever“ verwandelt, dann aber wieder vom Mut verlassen wird und erst zum Ende Deloris schließlich seine Liebe gestehen darf. Mischa Mang beteuert als Gangsterboss Curtis Jackson zwar „Ich mach sie kalt“, doch auf mich wirkte er immer noch wenig furchteinflößend, zumindest lief es mir nicht eiskalt den Rücken hinunter. In den Rollen des Gangstertrios fliegen Benjamin Eberling (Joey), Qushánnik „Qshansz“ Thodé (TJ) und Terry Alfaro (Pablo) bei der Nummer „Hey, Schwester“ insbesondere die Herzen der weiblichen Zuschauer zu, in der sie versuchen, von ihren Verführungskünsten zu überzeugen. Ein insgesamt versiertes, spielfreudiges Ensemble sorgt in Oberhausen auch beinahe 9 Monate nach der NRW-Premiere am 3. Dezember 2013 souverän für gute Laune.

Die Rahmenbedingungen: Besucht man das Metronom Theater Oberhausen, so bekommt man ein klein wenig den Eindruck, eine andere Welt zu betreten. Bereits das Einlasspersonal ist zuvorkommend und extremst auf Freundlichkeit bedacht, davon könnte sich das Kassenpersonal ruhig „eine Scheibe abschneiden“. Die Auslastung der Show ist unter der Woche nicht überragend, die hinteren Blöcke im Hochparkett sind komplett zugehängt, im Premiumsegment, also im vorderen Mittelblock im Parkett, sind zwar viele Plätze belegt, aber auch eine ganze Menge frei geblieben. Da die ersten acht Reihen nicht ansteigend sind, sitzt man hier etwa 30 cm unterhalb der Bühnenkante, die Füße der Darsteller sind also „abgeschnitten“, dafür kann man die Mimik der Darsteller „hautnah“ verfolgen. Die Beantwortung der Frage, ob der Besuch der Show empfehlenswert ist, hängt sicher auch davon ab, welchen Betrag man für zweidreiviertel Stunden gute Laune zu zahlen bereit ist: Die Preise liegen unter der Woche bei 50,89 € für das günstigste Ticket zum Normalpreis und 100,34 € für einen Platz im Premiumsegment. Am Samstagabend reicht die Preisspanne von 76,19 € bis 127,94 €.

„Sister Act – Das Broadway-Musical“ ist noch bis 12. Februar 2015 im Metronom Theater Oberhausen zu sehen.

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