Panorama einer Epoche zwischen Aufbruch und Krieg
Am 28. Juni 1914 wurden Erzherzog Franz Ferdinand, seit 1896 Thronfolger von Österreich-Ungarn, und seine Gemahlin Sophie Chotek, Herzogin von Hohenberg, bei ihrem Besuch in Sarajevo von Gavrilo Princip, einem Mitglied der serbisch-nationalistischen Untergrundorganisation „Mlada Bosna“, erschossen. Das Attentat in der bosnischen Hauptstadt löste die Julikrise aus, eine Zuspitzung der Konfliktlage zwischen den fünf europäischen Großmächten und Serbien, die schließlich zum Ersten Weltkrieg führte: Am 23. Juli 1914 stellte Österreich-Ungarn Serbien ein unannehmbares Ultimatum, welches von den Mächten der Triple-Entente als Angriff auf die Souveränität Serbiens angesehen wurde. Am 28. Juli folgte die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien, Russland antwortete am 29. Juli mit der Teilmobilmachung, am 30. Juli folgte die Generalmobilmachung. Daraufhin kam es am 1. August zur Generalmobilmachung und Kriegserklärung Deutschlands an Russland, am 3. August folgte die deutsche Kriegserklärung an Frankreich.
Zum hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs zeigen das LVR-Industriemuseum und das Ruhr Museum vom 30. April bis 26. Oktober 2014 in der Mischanlage der Kokerei Zollverein in Essen die Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“. Das Ereignis des Ersten Weltkriegs prägte nicht nur tiefgreifend eine ganze Epoche und die Lebenserfahrung der Menschen vor hundert Jahren, sondern die Geschichte Deutschlands, Europas und insbesondere der Rhein-Ruhr-Region über das 20. Jahrhundert hinweg bis heute. in „1914 – Mitten in Europa“ wird nicht das Kriegsgeschehen an der Front dokumentiert, sondern die Besucher können sich anhand von 2.500 historischen Objekten ein Bild von der Dimension und Wirkung des Ersten Weltkriegs in der Zeit von 1890 bis 1930 in der Rhein-Ruhr-Region machen. Die Ausstellung ist das Flaggschiff des in Deutschland einzigartigen Verbundprojektes „1914 – Mitten in Europa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg“ des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Mit 2.500 m² Ausstellungsfläche ist sie die größte Ausstellung des LVR-Veranstaltungsverbundes im Erinnerungsjahr an den Ersten Weltkrieg in Deutschland.
Ausstellungsort ist die Mischanlage der ehemaligen Kokerei Zollverein, das spektakulärste Gebäude auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein. Die gewaltigen Bunkeranlagen des ehemaligen Kohlespeichers, die der Ausstellungsparcours auf drei Ebenen erschließt, versinnbildlichen schon durch ihre Materialität und Monumentalität die visionären technischen Potentiale, aber auch die Gewalttätigkeit der industriellen Moderne. Die Mischanlage wurde bereits 1998 für die Abschlussveranstaltung der Internationalen Bauausstellung Emscherpark 1999 – „Sonne, Mond und Sterne – Kultur und Natur der Energie“ – nach Plänen von Prof. Jürg Steiner (* 13. April 1950 in Zürich) umgebaut und ist in den letzten Jahren baulich ertüchtigt worden. Mit der Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“, die wiederum von Prof. Jürg Steiner als Gestalter begleitet wurde, wird sie dauerhaft als Ausstellungsgebäude neu eröffnet.
Die drei Etagen der Mischanlage der Kokerei Zollverein bilden die chronologische Struktur der Ausstellung: Kaiserreich, Krieg und Weimarer Republik. Die Besucherinnen und Besucher gelangen in die Ausstellung, indem sie vom südlich vorgelagerten Wiegeturm aus eine 150 Meter lange Fahrt mit einer Standseilbahn antreten. Sie folgen damit dem Weg der Anthrazit-, Fett- und Glasflammkohle, die vom Wiegeturm über die Bandbrücke nach oben auf die Verteilerebene kamen, dort sortenrein in die Bunker gefüllt und unten in der Trichterebene mit optimalem Mischungsverhältnis für die Kokerei wieder ausgefahren wurden. An der Kopfstation des 35 Meter hohen Gebäudes angekommen, werden die Besucher von den Visionen einer besseren Zukunft empfangen, die den noch nahezu ungebrochenen Optimismus der Menschen am Beginn des 20. Jahrhunderts prägten.
Dann beginnt der erste große Bereich des Ausstellungsrundgangs in der unterhalb der Kopfstation liegenden Verteilerebene mit dem wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Aufbruch im Industriegebiet an Rhein und Ruhr am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Das 19. Jahrhundert hatte ungeahnte Fortschritte in Wissenschaft und Technik gebracht und die Industrialisierung war in einem enormen Tempo vorangeschritten. Der rasante Wandel der Lebens- und Arbeitswelt ließ die Zukunft offener denn je erscheinen – ganz besonders in den Industriemetropolen, wo der Wandel am spürbarsten war. Auf dieser so genannten Verteilerebene sind zum Beispiel ein Drehgestell der Wuppertaler Schwebebahn, die 1901 in Betrieb ging, ein Elektroauto, der „Runabout“ von 1903, zu sehen, aber auch Werbeplakate und Produktverpackungen, die neue Konsummöglichkeiten offenbaren. Anhand von Kleidung wie eng geschnürten Seidenroben, aber auch dem Outfit einer Arbeiterin und einer Prostituierten wird ein Gesellschaftspanorama der Klassengesellschaft des Kaiserreichs gezeichnet.
In diese Welt bricht 1914 der Krieg ein, dem die nächste, die so genannte Bunkerebene gewidmet ist. In ihm spielte die Rhein-Ruhr-Region als „Waffenschmiede des Deutschen Reiches“, aber auch als Region großer Opfer und Entbehrungen eine besondere Rolle. Eine Feldhaubitze, das Modell eines Kriegsschiffes, ein großformatiges Gemälde eines Giftgas-Versuchs, Soldatenfotos, Feldpostkarten und Gips- und Wachsmoulagen schwerer Kriegsverletzungen zeigen das gewaltsame Gesicht des industrialisierten Krieges. Thematisiert wird aber auch das Leben an der Heimatfront, wo nicht nur alle wehrfähigen Männer, sondern auch Frauen und Jugendliche für den „Totalen Krieg“ mobilisiert wurden. Bis zu 3,50 Meter große Nagelfiguren sind in der Ausstellung Beispiel für die Propagandaaktionen, die die ungeheuerlichen Verluste, Hunger und Entbehrungen rechtfertigen sollten.
Die Folgen des Krieges stehen im Mittelpunkt der dritten Ausstellungsebene, der sogenannten Trichterebene. Hier wird dessen epochale Wirkung deutlich. Dies gilt insbesondere für die Rhein-Ruhr-Region, wo der Krieg 1918 nicht endete – Gewalterfahrungen, Hunger und Armut prägten hier den Alltag noch eine lange Zeit. Mit den Generalstreiks der Bergarbeiter 1919 und dem Ruhrkampf 1920 wurde die Region zum Zentrum der revolutionären Bewegung. Die „Rote Ruhrarmee“ wurde von Regierungstruppen blutig niedergeschlagen. Ein Nachspiel des Kriegs bildeten auch die separatistischen Bestrebungen im Rheinland und die belgisch-französische Besetzung des Ruhrgebiets von 1923. Aber auch der Aufbruch in Technik, Wissenschaft, Gesellschaft, Architektur, Kino, Sport und Politik sind thematische Facetten dieser nun entzauberten Moderne der 1920er-Jahre, die Vieles aus der Vorkriegszeit wieder aufnimmt. Die Gesellschaft hat sich jedoch verändert: Mit Perlen und Pailletten bestickte Charlestonkleider im Art Déco-Stil, ein Autofahrermantel für die Frau, Kinderkleidung sowie Gehrock und „Stresemann“ für den Herrn lassen Besucherinnen und Besucher in den veränderten Lebensstil während der Weimarer Republik eintauchen.
Der Abschluss der Ausstellung verweist auf die nachfolgende größte Katastrophe des Jahrhunderts: den Zweiten Weltkrieg als Schlussakt des letztendlich „Dreißigjährigen Krieges“, der 1914 begann.
Die Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“ ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 10 €, ermäßigt 7 €, Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren sowie Schüler- und Studierengruppen im Rahmen einer Führung (50 €) haben freien Eintritt.
Die Ausstellung wird begleitet von einem umfangreichen Bildungs- und Kulturprogramm mit Vorträgen, Filmabenden, Exkursionen, Führungen, Theaterprojekten und Workshops für Kinder und Schulklassen in Kooperation mit zahlreichen Partnern. Das Begleitprogramm ist außerdem Teil des Kulturprogrammes „1914 – Schönheit und Schrecken“ des Kulturbüros der Stadt Essen.
Zur Ausstellung ist ein umfangreicher, 342 Seiten starker Katalog mit 492 Abbildungen im Essener KlartextVerlag erschienen, der im Museumsshop im Erdgeschoss der Mischanlage am Ausgang der Ausstellung für 29,95 € erhältlich ist.
Am 28. Juni 1914 wurden Erzherzog Franz Ferdinand, seit 1896 Thronfolger von Österreich-Ungarn, und seine Gemahlin Sophie Chotek, Herzogin von Hohenberg, bei ihrem Besuch in Sarajevo von Gavrilo Princip, einem Mitglied der serbisch-nationalistischen Untergrundorganisation „Mlada Bosna“, erschossen. Das Attentat in der bosnischen Hauptstadt löste die Julikrise aus, eine Zuspitzung der Konfliktlage zwischen den fünf europäischen Großmächten und Serbien, die schließlich zum Ersten Weltkrieg führte: Am 23. Juli 1914 stellte Österreich-Ungarn Serbien ein unannehmbares Ultimatum, welches von den Mächten der Triple-Entente als Angriff auf die Souveränität Serbiens angesehen wurde. Am 28. Juli folgte die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien, Russland antwortete am 29. Juli mit der Teilmobilmachung, am 30. Juli folgte die Generalmobilmachung. Daraufhin kam es am 1. August zur Generalmobilmachung und Kriegserklärung Deutschlands an Russland, am 3. August folgte die deutsche Kriegserklärung an Frankreich.
Plakatmotiv zur Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“
© LVR-Industriemuseum/Ruhr Museum
Leihgeber Foto: Bibliothek für Zeitgeschichte in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart
Gestaltung Plakat: Agentur Bosbach, Köln
© LVR-Industriemuseum/Ruhr Museum
Leihgeber Foto: Bibliothek für Zeitgeschichte in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart
Gestaltung Plakat: Agentur Bosbach, Köln
Zum hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs zeigen das LVR-Industriemuseum und das Ruhr Museum vom 30. April bis 26. Oktober 2014 in der Mischanlage der Kokerei Zollverein in Essen die Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“. Das Ereignis des Ersten Weltkriegs prägte nicht nur tiefgreifend eine ganze Epoche und die Lebenserfahrung der Menschen vor hundert Jahren, sondern die Geschichte Deutschlands, Europas und insbesondere der Rhein-Ruhr-Region über das 20. Jahrhundert hinweg bis heute. in „1914 – Mitten in Europa“ wird nicht das Kriegsgeschehen an der Front dokumentiert, sondern die Besucher können sich anhand von 2.500 historischen Objekten ein Bild von der Dimension und Wirkung des Ersten Weltkriegs in der Zeit von 1890 bis 1930 in der Rhein-Ruhr-Region machen. Die Ausstellung ist das Flaggschiff des in Deutschland einzigartigen Verbundprojektes „1914 – Mitten in Europa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg“ des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Mit 2.500 m² Ausstellungsfläche ist sie die größte Ausstellung des LVR-Veranstaltungsverbundes im Erinnerungsjahr an den Ersten Weltkrieg in Deutschland.
Mischanlage der ehemaligen Kokerei Zollverein
Ausstellungsort ist die Mischanlage der ehemaligen Kokerei Zollverein, das spektakulärste Gebäude auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein. Die gewaltigen Bunkeranlagen des ehemaligen Kohlespeichers, die der Ausstellungsparcours auf drei Ebenen erschließt, versinnbildlichen schon durch ihre Materialität und Monumentalität die visionären technischen Potentiale, aber auch die Gewalttätigkeit der industriellen Moderne. Die Mischanlage wurde bereits 1998 für die Abschlussveranstaltung der Internationalen Bauausstellung Emscherpark 1999 – „Sonne, Mond und Sterne – Kultur und Natur der Energie“ – nach Plänen von Prof. Jürg Steiner (* 13. April 1950 in Zürich) umgebaut und ist in den letzten Jahren baulich ertüchtigt worden. Mit der Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“, die wiederum von Prof. Jürg Steiner als Gestalter begleitet wurde, wird sie dauerhaft als Ausstellungsgebäude neu eröffnet.
Standseilbahn
Die drei Etagen der Mischanlage der Kokerei Zollverein bilden die chronologische Struktur der Ausstellung: Kaiserreich, Krieg und Weimarer Republik. Die Besucherinnen und Besucher gelangen in die Ausstellung, indem sie vom südlich vorgelagerten Wiegeturm aus eine 150 Meter lange Fahrt mit einer Standseilbahn antreten. Sie folgen damit dem Weg der Anthrazit-, Fett- und Glasflammkohle, die vom Wiegeturm über die Bandbrücke nach oben auf die Verteilerebene kamen, dort sortenrein in die Bunker gefüllt und unten in der Trichterebene mit optimalem Mischungsverhältnis für die Kokerei wieder ausgefahren wurden. An der Kopfstation des 35 Meter hohen Gebäudes angekommen, werden die Besucher von den Visionen einer besseren Zukunft empfangen, die den noch nahezu ungebrochenen Optimismus der Menschen am Beginn des 20. Jahrhunderts prägten.
Die Geburt des Menschen, Mosaik von Otto Freundlich, Köln, 1919
Kopfstation der Mischanlage
Allegorie einer sozialistischen Zukunfstvison, 1908
Illustration Alvim Corrêas für die belgische Ausgabe von „War of the Worlds“ von H. G. Wells, Brüssel, 1906
Kokerei Zollverein
Prof. Jürg Steiner (Ausstellungsarchitekt), Dr. Walter Hauser (Direktor des LVR-Industriemuseums), Milena Karabaic (LVR-Dezernentin Kultur und Umwelt), Prof. Heinrich Theodor Grütter (Direktor des Ruhr Museums) und Dr. Thomas Schleper (Leiter des LVR-Verbundprojekts) auf dem Dach der Mischanlage
Dann beginnt der erste große Bereich des Ausstellungsrundgangs in der unterhalb der Kopfstation liegenden Verteilerebene mit dem wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Aufbruch im Industriegebiet an Rhein und Ruhr am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Das 19. Jahrhundert hatte ungeahnte Fortschritte in Wissenschaft und Technik gebracht und die Industrialisierung war in einem enormen Tempo vorangeschritten. Der rasante Wandel der Lebens- und Arbeitswelt ließ die Zukunft offener denn je erscheinen – ganz besonders in den Industriemetropolen, wo der Wandel am spürbarsten war. Auf dieser so genannten Verteilerebene sind zum Beispiel ein Drehgestell der Wuppertaler Schwebebahn, die 1901 in Betrieb ging, ein Elektroauto, der „Runabout“ von 1903, zu sehen, aber auch Werbeplakate und Produktverpackungen, die neue Konsummöglichkeiten offenbaren. Anhand von Kleidung wie eng geschnürten Seidenroben, aber auch dem Outfit einer Arbeiterin und einer Prostituierten wird ein Gesellschaftspanorama der Klassengesellschaft des Kaiserreichs gezeichnet.
Verteilerebene der Mischanlage
Drehgestell der Wuppertaler Schwebebahn
680er Motorrad der Marke Allright, Köln-Lindenthaler Metallwerke AG, 1910, und Herrenfarrad der Marke Allright, Köln-Lindenthaler Metallwerke AG, 1899
Zwei-Zylinder Benz-Motor des zivilen Luftschiffs LZ 5 (ab 5. August 1909 unter der Bezeichnung Z II vom Heer eingesetzt), 1909
Elektroautomobil „Runabout“, Electro Mobile Syndicate Ltd., London, 1903
Orchestrion
Registrierkasse „National“, National Registrier-Kassen GmbH, Berlin, um 1912
Warenautomat für Stollwerk-Schokoladen, 1910
Fernsprechwandapparat für Selbstanschluss, Fa. Siemens Halske AG, Berlin, um 1915
Großbürgerliches Paar
Sie: Champagnerfarbenes Tournürenkleid aus schwerer Atlasseide
Er: Herrenanzug mit elegantem Wollcape mit Knebelknöpfen, Zylinder und Spazierstock
1855 – 1900
Sie: Champagnerfarbenes Tournürenkleid aus schwerer Atlasseide
Er: Herrenanzug mit elegantem Wollcape mit Knebelknöpfen, Zylinder und Spazierstock
1855 – 1900
Turnkittel des ersten Turnvereins für Frauen in Köln, um 1900 (Rekostruktion), Reformkleid, um 1910
In diese Welt bricht 1914 der Krieg ein, dem die nächste, die so genannte Bunkerebene gewidmet ist. In ihm spielte die Rhein-Ruhr-Region als „Waffenschmiede des Deutschen Reiches“, aber auch als Region großer Opfer und Entbehrungen eine besondere Rolle. Eine Feldhaubitze, das Modell eines Kriegsschiffes, ein großformatiges Gemälde eines Giftgas-Versuchs, Soldatenfotos, Feldpostkarten und Gips- und Wachsmoulagen schwerer Kriegsverletzungen zeigen das gewaltsame Gesicht des industrialisierten Krieges. Thematisiert wird aber auch das Leben an der Heimatfront, wo nicht nur alle wehrfähigen Männer, sondern auch Frauen und Jugendliche für den „Totalen Krieg“ mobilisiert wurden. Bis zu 3,50 Meter große Nagelfiguren sind in der Ausstellung Beispiel für die Propagandaaktionen, die die ungeheuerlichen Verluste, Hunger und Entbehrungen rechtfertigen sollten.
Leuchtinstallation mit 60 Fotos von Soldaten kurz vor ihrer Einberufung an die Front, 1914
Bunkerebene der Mischanlage
Waffenschrott des französischen Kampfmittelräumdienstes, 1914 – 1918, Gedenktafeln des Bildhauers Joseph Enseling für die im Ersten Weltkrieg gefallenen 2841 Werksangehörigen der Gussstahlfabrik Fried. Krupp AG, 1926
Bunkerebene der Mischanlage
Propeller eines Flugzeugs, 1914 – 1918, 15-cm-schwere Feldhaubitze 13, Kaliber 14,97 cm, Fried. Krupp AG, 1918
Deutsche Maschinenpistole MP 18/1, Fa. Theodor Bergmann, 1918, Maschinengewehr 08/15, 1915 – 1918
diverse Gasmasken
Giftgas-Versuch zur Erprobung von Gasmasken auf der Wahner Heide in Köln, Gemälde von Otto Bollhagen, um 1915
Bochumer Kriegerdenkmal, um 1935, Gedenktafel für 283 gefallene Männer aus der katholischen St.-Joseph-Gemeinde in Essen-Katernberg, 1927 – 1928, Weltkriegs-Ehrenmal aus Essen-Katernberg, 1934
Nagelfigur „Eiserner Reinoldus“ aus Dortmund, Replik von Jan Bormann nach einem Entwurf von Friedrich Bagdons, 1976
Feldbluse (Modell 1915) eines Oberleutnants der Feldartillerie mit dazugehörigem Beinkleid, um 1916, Bekleidung einer Krankenschwester, um 1900, Rollstuhl, um 1900
diverse Oberarmprothesen, 1920 – 1950
Die Folgen des Krieges stehen im Mittelpunkt der dritten Ausstellungsebene, der sogenannten Trichterebene. Hier wird dessen epochale Wirkung deutlich. Dies gilt insbesondere für die Rhein-Ruhr-Region, wo der Krieg 1918 nicht endete – Gewalterfahrungen, Hunger und Armut prägten hier den Alltag noch eine lange Zeit. Mit den Generalstreiks der Bergarbeiter 1919 und dem Ruhrkampf 1920 wurde die Region zum Zentrum der revolutionären Bewegung. Die „Rote Ruhrarmee“ wurde von Regierungstruppen blutig niedergeschlagen. Ein Nachspiel des Kriegs bildeten auch die separatistischen Bestrebungen im Rheinland und die belgisch-französische Besetzung des Ruhrgebiets von 1923. Aber auch der Aufbruch in Technik, Wissenschaft, Gesellschaft, Architektur, Kino, Sport und Politik sind thematische Facetten dieser nun entzauberten Moderne der 1920er-Jahre, die Vieles aus der Vorkriegszeit wieder aufnimmt. Die Gesellschaft hat sich jedoch verändert: Mit Perlen und Pailletten bestickte Charlestonkleider im Art Déco-Stil, ein Autofahrermantel für die Frau, Kinderkleidung sowie Gehrock und „Stresemann“ für den Herrn lassen Besucherinnen und Besucher in den veränderten Lebensstil während der Weimarer Republik eintauchen.
Trichterebene der Mischanlage: „Stairway to Heaven“
Trichterebene der Mischanlage
Trichterebene der Mischanlage
Allright-Bahnrennmotorrad, Fa. Allright, Köln, 1924
Militärfahrrad der belgischen Besatzungsarmee, um 1923
Schaufensterpuppe mit Kleid aus Ausbrennersamt und Topfhut, 1920er Jahre
Transportabler Koffer-Filmprojektor 35 mm, „Zeiss Ikon Kinobox Type B“, No. 84535, Zeiss Ikon AG, Dresden, um 1928
Hollerithmaschine (eine frühe Tabelliermaschine), Nachbau mit Originalteilen von 1910
Umzugskiste mit Beschlägen aus dem Besitz von Kaiser Wilhelm II, 1920
Petroleummotor „MA“ der Deutz AG, Köln, 1927 – 1930
Drehorgel „Harmonipan“, Gebrüder Richter, Düsseldorf, um 1920
Der Abschluss der Ausstellung verweist auf die nachfolgende größte Katastrophe des Jahrhunderts: den Zweiten Weltkrieg als Schlussakt des letztendlich „Dreißigjährigen Krieges“, der 1914 begann.
Rollenlager in der Mischanlage, Sowjetische Kriegsgefangene in Essen, 1943
Sowjetische Kriegsgefangene in Essen, 1943, Hittler und Mussolini besuchen Essen, die Waffenschmiede des Reiches, 27. September 1937
Die Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“ ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 10 €, ermäßigt 7 €, Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren sowie Schüler- und Studierengruppen im Rahmen einer Führung (50 €) haben freien Eintritt.
Theatercollage in Bewegung „14/18 – Die Welt in Brand“ mit Studierenden der Folkwang Universität der Künste und des Instituts für Bewegtbildstudien der FH Dortmund im Dortmunder U, Premiere am 2. Juli 2014
Die Ausstellung wird begleitet von einem umfangreichen Bildungs- und Kulturprogramm mit Vorträgen, Filmabenden, Exkursionen, Führungen, Theaterprojekten und Workshops für Kinder und Schulklassen in Kooperation mit zahlreichen Partnern. Das Begleitprogramm ist außerdem Teil des Kulturprogrammes „1914 – Schönheit und Schrecken“ des Kulturbüros der Stadt Essen.
Theatercollage in Bewegung „14/18 – Die Welt in Brand“ mit Studierenden der Folkwang Universität der Künste und des Instituts für Bewegtbildstudien der FH Dortmund im Dortmunder U, Premiere am 2. Juli 2014
Zur Ausstellung ist ein umfangreicher, 342 Seiten starker Katalog mit 492 Abbildungen im Essener KlartextVerlag erschienen, der im Museumsshop im Erdgeschoss der Mischanlage am Ausgang der Ausstellung für 29,95 € erhältlich ist.
Kokerei Zollverein, „Monochromatic Red and Blue“ von Speirs + Major
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